Was ist einfache Sprache - Definition und Einodnung
Kennen Sie diese Situation? Sie lesen einen Text oder hören einen Bericht und verstehen nur Bahnhof? Dann willkommen im Club. Mir passiert das fast jeden Tag. Die Lösung für dieses Problem heißt einfache Sprache. Zum Udemy-Kurs zur einfachen Sprache
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Einfache vs. Leichte Sprache
Viele werden innerlich aufstöhnen. Kommt da schon wieder was Neues, nachdem wir die Leichte Sprache durchgesetzt haben?
Die Leichte Sprache ist zweifellos ein gutes und sinnvolles Konzept. Allerdings hat sie zwei entscheidende Probleme
- Man darf sie nicht selbst schreiben. Das gilt zumindest, wenn man sich an das offizielle Regelwerk des Netzwerk Leichte Sprache hält. Demnach ist eine Überprüfung durch Menschen mit Lernbehinderung notwendig. Das Geld dafür haben die meisten kleinen Organisationen nicht.
- Man ist gezwungen, Informationen wegzulassen.
Selbst die Lebenshilfe setzt in ihren lokalen und Landeseinrichtungen keine Leichte Sprache ein. Ihre Webseiten sind fast durchgängig in komplexer Sprache gestaltet.
Beim Erlernen von Sprachen werden drei Fähigkeitsstufen unterschieden: A, B und C, wobei C die höchste Stufe ist. Diese Stufen werden wiederum in 1 und 2 aufgeteilt. Es gibt also insgesamt sechs Stufen: A 1 ist die niedrigste, C 2 die Höchste. Dabei entspricht die Leichte Sprache A 1 und die einfache Sprache A 2 bzw. B 1. Als grobe Orientierung: Die BILD-Zeitung entspricht B 1, der Focus b 2 und die Frankfurter Allgemeine C 1.
Vorteile der einfachen Sprache
Die einfache Sprache hat zahlreiche Vorteile. Sie ist für erfahrene Texter leicht zu erlernen. Sie erfordert keine Prüfung durch Experten, wie es die Leichte Sprache verlangt. Entscheidend ist aber aus meiner Sicht, dass man alles in ihr ausdrücken kann. Wir müssen keine Informationen weglassen, wie es in der Leichten Sprache der Fall ist. Ein Gerichtsurteil in der Leichten Sprache zu beschreiben ist nur rudimentär möglich. In der einfachen Sprache ist das kein Problem. Regeln der einfachen Sprache.
Die B1-Versteher
Die Level-One-Studie hat gezeigt, dass die Mehrheit der Bevölkerung Probleme hat, die Alltagssprache zu verstehen. Rund zwei Drittel der Menschen benötigen Texte auf dem Niveau B 1. 85 Prozent verstehen Texte auf dem Niveau B 1.
Auch Blinde profitieren von einfacher Sprache. Sehende haben den Vorteil, dass sie ein großes Stück des Textes auf einen Blick erfassen können. Sie sehen zum Beispiel, wie lang ein Absatz ist oder dass da eine Aufzählung im Fließtext kommt. Blinde sehen im Prinzip nur die Stelle, die sie gerade lesen. Gerade bei höheren Lesegeschwindigkeiten ist es häufig schwierig, längere Sätze zu verstehen. Ein Sehender kann sich kognitiv darauf einstellen, dass ein längerer Satz kommt, ein Blinder kann das nicht. Last not least lesen vor allem frisch Erblindete relativ langsam. Wenn man bei dem Tempo einen langen Satz liest, hat man den Anfang vergessen, wenn man das Ende erreicht hat.
Wer ist die Zielgruppe
Eine weitere Idee hinter der einfachen Sprache ist, dass sie nur dort angewendet wird, wo sie notwendig ist. Wissenschaftliche Texte, die sich ohnehin nur an andere Wissenschaftler richten, müssen also nicht in einfacher Sprache abgefasst werden.
Richtet sich ein Text an Deutsch-Lerner, wird der Stil entsprechend angepasst. Sind hingegen alle Durchschnitts-Bürger das Stil, können viele Begriffe beibehalten werden, die diese Bürger wahrscheinlich kennen.
Hat man einen Kreis von Fachleuten als Zielgruppe, ist die Fachsprache tatsächlich die verständlichste Sprache. Einschränkend würde ich sagen, dass auch diese Gruppe sich manchmal verständlichere Texte wünscht, aber das ist ein anderes Thema.
Ein gutes oder vielmehr schlechtes Beispiel liefert die Bundeszentrale für politische Bildung mit ihrem Dossier über Leichte und einfache Sprache. Anatol Stefanowitsch hat einen weitgehend unverständlichen Text über Leichte Sprache geschrieben. Der Text über funktionalen Analphabetismus dürfte für funktionale Analphabeten Kauderwelsch sein. Dieses Dossier ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel bei den Dossiers in der Reihe Aus Politik und Zeitgeschichte.
Suchmaschinen-Optimierung und Leichtere Übersetzbarkeit
Software nimmt in allen Lebensbereichen eine immer wichtigere Rolle ein. Deswegen soll auch Software unsere Texte verstehen. Eine dieser Programme ist Google. Für Die Darstellung möglichst oben in den Suchergebnissen bei Google ist entscheidend, dass die Texte und ihre Bedeutung möglichst gut erfasst werden können. Aktuell arbeitet Google noch sehr stark mit einfachen Schlagworten und Statistiken. In Zukunft wird Google aber immer besser in der Lage sein, den Sinn der Texte zu verstehen. Das ist umso einfacher, je verständlicher die Texte geschrieben sind. Schon heute gilt aber: Google findet es gut, wenn wichtige Stichworte am Anfang des Textes vorkommen und viele Zwischen-Überschriften verwendet werden. Es kann so besser beurteilen, worum es in dem Text geht und wie wichtig er zu einem bestimmten Stichwort ist.
Bessere automatische übersetzbarkeit
Automatische Übersetzungs-Tools werden in Zukunft immer wichtiger. Sowohl Texte in Leichter als auch in einfacher Sprache sind deutlich leichter durch Menschen und Programme übersetzbar als komplexe Texte.
Das liegt an zwei Faktoren: Es gibt deutlich weniger komplexe Satz-Strukturen, es wird zum Beispiel auf eingeschobene Nebensätze verzichtet. Ein weiterer Vorteil ist der Verzicht auf komplexe Komposita. Komposita werden entweder durch Bindestriche verbunden oder aufgelöst. Das macht es Programmen deutlich leichter, solche Begriffe zu erkennen und zu übersetzen.
Leichte Erlernbarkeit für Vielschreiber
Die einfache Sprache ist für Viel-Schreiber leicht erlernbar, weil sie starke Verbindung zu anderen verständlichen Schreibstilen hat: Vor allem zum Schreiben fürs Hören oder zum Schreiben fürs Internet.
So werden Texte stärker mit Überschriften und Listen strukturiert wie beim Schreiben fürs Internet. Und es werden Fakten wiederholt wie beim Schreiben fürs Hören, weil der Hörer nicht zurückhören kann. Auch die Regeln der kontrollierten Sprache ähneln der einfachen Sprache.
Verständliche Sprache ist die Zukunft
Die verständliche Sprache hat in Deutschland einen schlechten Ruf. Vor allem im den USA hat das Konzept der plain language eine längere Tradition. Dort ist es durchaus auch üblich, dass Wissenschaftler allgemeinverständliche Bücher schreiben. So kommt es, dass es heute kein deutsches Regelwerk zur einfachen Sprache gibt. Stattdessen müssen wir auf Regeln aus dem englischen Raum zurückgreifen.
Auch die öffentlich-rechtlichen Medien verwenden eine Sprache, die für normal-sterbliche Personen unverständlich ist.
Regeln der einfachen Sprache