WERDEN BLINDE VON PSYCHOSOMATISCHEN BEHANDLUNGEN AUSGESCHLOSSEN?

Manchmal glaube ich, dass ich im falschen Jahrhundert gelandet bin. Es kann doch im Jahr 2021 nicht möglich sein, dass es für Blinde kaum eine Chance auf die Behandlung in einer psychosomatischen Klinik gibt. Und doch scheint das bittere Realität zu sein.
Da ich selber bisher nicht betroffen bin, kann ich nur indirekt berichten. In der Rückschau fällt mir aber auf, dass ich solche glaubhaften Berichte schon häufiger von verschiedenen Personen gelesen habe.
Es geht darum, dass psychosomatische Kliniken aus Prinzip blinde Patient:Innen ablehnen. Dabei werden alle möglichen Gründe vorgebracht. Im Endeffekt geht es aber darum, dass das Klinikpersonal den blinden Patient:Innen nicht helfen kann oder will. Sind Blinde alleine in der Klinik, das dürfte bei Erwachsenen die Regel sein, brauchen sie sehr wahrscheinlich Hilfe bei der Orientierung auf dem Gelände und im Speisesall. Wahrscheinlich brauchen sie auch Hilfe oder spezielle Methoden bei der Therapie, mangels genauer Kenntnis der Therapie-Methoden kann ich das allerdings nicht beurteilen.
Anlass für diesen Beitrag ist ein Bericht in einer Facebook-Gruppe für Blinde und Sehbehinderte. Dort berichtete eine Teilnehmerin, dass sie wegen ihres Blindenhundes Probleme habe, einen Therapieplatz zu finden. Sie werde wegen ihres Blindenhundes abgelehnt, obwohl das Mitbringen normaler Patienten-Hunde generell erlaubt sei. Schnell meldeten sich andere Blinde zu Wort, dass wohl nicht der Hund, sondern die Blindheit der Grund für die Ablehnung sei. Nebenbei sei erwähnt, dass seit der Aktualisierung des Bundes-Teilhabegesetzes seit dem 1.7.2021 die Regeln zum Mitbringen von Assistenzhunden verbessert wurden.
Leider kann ich nicht auf die Gruppe verlinken bzw. daraus zitieren, da es sich um eine geschlossene Facebook-Gruppe handelt und ich nicht weiß, ob die Personen öffentlich genannt werden wollen.
Wenn das aber so stimmt und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, dann ist das Verhalten dieser Kliniken unentschuldbar. Diese Kliniken sollen Menschen mit psychischen Erkrankungen unterstützen, aber sie lehnen hilfsbedürftige Personen ab aus keinem anderen Grund als dass sie ihnen zu viel Arbeit machen. Es sind auch noch Personen von Ablehnung betroffen, die psychische Probleme haben und deshalb wahrscheinlich auch nicht die Kraft haben, sich rechtlich zur Wehr zu setzen und denen eine Odyssee auf der Suche nach einer Klinik zugemutet wird, die sie aufnehmen möchte.
Dass sich einzelne Kliniken so verhalten, hat mich weniger überrascht. Ablehnung gehört für Blinde leider zum traurigen Alltag. Doch dass diese Ablehnung offenbar System hat, war mir neu. Das ist umso bitterer, weil es sich hier um helfende und heilende Berufsgruppen handelt, von denen man so ein Verhalten am wenigsten erwarten würde.
Leider kann ich die rechtliche Situation schwer einschätzen. Es dürfte schwierig sein, einer Klinik Diskriminierung nachzuweisen. Sie werden sich schriftlich und damit nachweisbar selten so äußern, dass ihnen eine Diskriminierung nachgewiesen werden kann. Ärzt:Innen und Kliniken dürfen sich ihre Patienten – soweit mir bekannt grundsätzlich selbst aussuchen bzw. sie ablehnen, wenn es nicht gerade um akute Notfälle geht. Wenn nicht gerade irgendwo schriftlich niedergelegt ist, dass Blinde grundsätzlich nicht aufgenommen werden, dürften Diskriminierungsklagen schwierig sein.
Psychische Belastung bei Blinden