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Künstliche Intelligenz für Barrierefreiheit – Interview mit Steve Weidel

Dies ist das Transkript zum Interview mit Steve Weidel. Steve gründet aktuell ein Unternehmen mit den Themen KI und Barrierefreiheit und ist selbst blind. Alle Ungenauigkeiten und Typos gehen auf mein Konto.

über Steve

Domingos: So herzlich Willkommen zu einem neuen Podcast zur digitalen Barrierefreiheit. Heute habe ich wieder einen spannenden Gast dabei, den Steve Weidel. Vielen Dank, dass du dir die Zeit für den Podcast nimmst. Steve haben wir wie immer damit an, dass du dich gerne einmal den Zuhörenden vorstellst.

Steve: Ja, sehr gerne. Erstmal vielen Dank, dass ich da sein. Ja. Mein Name ist Steve Weidel, ich bin ja 36 Jahre jung, komme aus Hamburg und bin von Geburt an hochgradig sehr eingeschränkt. Ja, ich bin im technischen Bereich sehr aktiv, hab auch viele Interessensgebiete, Musik, KI und viele andere technikgebiete sorry. Domingos: Kannst du ein bisschen was zum Thema deiner Sehbehinderung erzählen? Steve: Genau also ich bin von Geburt an sehr stark, sehr eingeschränkt und es war aber am Anfang noch relativ gut soweit, also ich konnte zeitweise auch noch in Schreibschrift schreiben, mit Vergrößerung arbeiten und das wurde mit den Jahren dann halt schlechter aufgrund der Netzhautablösung die ich von halt hatte und dann hab ich angefangen Punktschrift zu lernen, bin auf Computerbraille umgestiegen, hab gelernt mit Screenreader zu arbeiten und bin mit dieser ganzen Thematik schon jetzt über 17 Jahre lang vertraut.

Domingos: Also arbeitest du jetzt überwiegend blind am Computer?

Steve: Ich arbeite komplett blind, also ich arbeite eigentlich nur mit Sprachausgabe, Vergrößerung funktioniert leider nicht mehr.

KI für mehr Selbständigkeit

Domingos: Das Thema, worüber wir uns ja kennengelernt haben, ist ja KI. Vielleicht kannst du sagen, wie du selber auf das Thema KI Nutzung gekommen bist und oder was deine Verbindung zu dem Thema ist.

Steve: Sehr gern. Also, ich habe mich schon immer für Technik interessiert, und als das Thema KI aufkam, hat es mich sofort fasziniert. Ab 2022 gab es ja diesen riesigen Hype, und da habe ich mich direkt damit beschäftigt. Ich habe schnell gemerkt, wie stark KI die Arbeit beschleunigen kann. Für uns bringt es wirklich enorm wichtige Vorteile mit sich, es kann Prozesse in ganz neue Richtungen lenken oder auch Hindernisse abbauen. Durch mein technisches Interesse, zu dem KI natürlich dazugehört, habe ich in den letzten Jahren festgestellt, wie effektiv man damit arbeiten kann – auch wenn es natürlich einige Einschränkungen gibt.

Domingos: Wie ist Deine Verbindung zur digitalen Barrierefreiheit?

Steve: Und zwar habe ich mich schon sehr lange mit dem Thema beschäftigt, da ich früh gelernt habe, verschiedene Programme zu bedienen und mich intensiv mit Webseiten auseinandergesetzt habe. Dabei ist mir schnell aufgefallen, welche Webseiten gut bedienbar sind und welche nicht. Vor drei Jahren habe ich mit einem Kollegen, der einen Podcast hat, kurz über das Thema gesprochen, weil es um Website-Audits ging. Das fand ich so spannend, dass ich mich intensiv damit auseinandergesetzt habe. Ich habe viele Dinge recherchiert, ausprobiert und mir neues Wissen angeeignet, das ich mit meinen bisherigen Erfahrungen kombiniert habe. Daraus ist eine wirklich gute Grundlage entstanden, weshalb ich mich jetzt verstärkt für das Thema digitale Barrierefreiheit einsetzen möchte. Ich denke, wir haben einen guten Blickwinkel, um Barrieren gezielt zu erkennen, sinnvoll zu testen und erfolgreich umzusetzen.

Ein Unternehmen für KI

Domingos: genau, du bist ja aktuell beschäftigt, also angestellt, aber du planst noch die Gründung einer Firma. Vielleicht kannst du dazu ein bisschen was erzählen, was du damit vorhast.

Steve: Ich habe mich schon sehr lange mit dem Thema beschäftigt, weil ich früh angefangen habe, verschiedene Programme zu nutzen und mich auf Webseiten umzusehen. Dabei habe ich schnell gemerkt, welche Webseiten gut bedienbar sind und welche weniger. Vor etwa drei Jahren habe ich mit einem Kollegen, der einen Podcast macht, kurz über das Thema gesprochen – es ging damals um Website-Audits.

Das hat mich so sehr fasziniert, dass ich mich intensiver damit beschäftigt habe. Ich habe vieles recherchiert, ausprobiert und mir neues Wissen angeeignet, das ich mit meinen bisherigen Erfahrungen kombiniert habe. Diese Kombination hat sich als sehr hilfreich erwiesen. Deshalb möchte ich das Thema digitale Barrierefreiheit aktiv fördern, denn ich bin überzeugt, dass wir einen guten Blickwinkel haben, um Barrieren effektiv zu erkennen, sinnvoll zu testen und erfolgreich umzusetzen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir versuchen, das Ganze mit KI zu kombinieren, da dieses Thema immer relevanter wird. KI-Agents werden zunehmend entwickelt und eingesetzt, sei es in Form von Chatbot-Anwendungen oder Telefonagenten. Gerade

deshalb ist es entscheidend, das Thema digitale Barrierefreiheit stärker in den Fokus zu rücken. Ich habe festgestellt, dass viele Systeme auf den ersten Blick gut funktionieren, aber bei genauerem Hinsehen Barrieren aufweisen, die nicht von allen Nutzern überwunden werden können. Das birgt Herausforderungen, die wir unbedingt angehen sollten. Ich halte es für besonders wichtig, die Zukunft in diesem Bereich aktiv mitzugestalten. Daher möchte ich die Firma gezielt darauf ausrichten, Lösungen für KI-Anwendungen zu entwickeln – sei es durch eigene Programmierungen oder durch die nachträgliche Optimierung bestehender Systeme.

Domingos: Welches Potenzial siehst du generell beim Thema KI für blinde Menschen, das ist ja unser spezifisches Thema.

Steve: Genau. Ich glaube, dass das Thema KI ganz neue Türen für uns öffnet. Es gibt unglaublich viele Anwendungsmöglichkeiten, aber um mal zwei Beispiele zu nennen: Die Nutzung von KI für Echtzeitübersetzungen oder Echtzeitbeschreibungen von Objekten ist ein Bereich, der gerade stark an Bedeutung gewinnt.

Auch Echtzeitkommunikation und die Übertragung von Bildschirmen in Echtzeit sind unglaublich spannende Themen. Ich habe ein VPN, mit dem ich solche Funktionen testen kann, und dabei festgestellt, dass es bereits Möglichkeiten gibt, sich Bildschirminhalte in Echtzeit beschreiben zu lassen. Das habe ich schon ausprobiert, und es funktioniert erstaunlich gut.

Auch in diesem Bereich gibt es zahlreiche Optionen, die in Zukunft weiterentwickelt werden können.

Genau. Was man ebenfalls nicht vergessen darf, ist die Möglichkeit, Prozesse zu automatisieren, die in der Vergangenheit oft umständlich oder schwierig zu bedienen waren. Diese können zukünftig durch Automatisierung deutlich vereinfacht werden.

Und zu guter Letzt möchte ich das Thema Gebärdendolmetscher ansprechen. Es wird in Zukunft vermehrt Avatare geben, und ich weiß, dass derzeit an KI-Modellen gearbeitet wird, die eigenständig Gebärdensprache umsetzen können – für Menschen, die auf diese Form der Kommunikation angewiesen sind.

Aktuelle Herausforderungen für Blinde

Domingos: Genau wie du schon gesagt hast, du hast ja einige Tools ausprobiert, auf welche Probleme bist du bei der Nutzung gestoßen also jetzt nicht, was die Tools können, sondern auch die Herausforderung bei der Bedienung der Tools.

Steve: Ja, da gibt es tatsächlich spannende Anwendungsfälle. Ein Beispiel: Vor ein paar Wochen habe ich ein Tool ausprobiert, das weniger mit den üblichen KI-Tools zu tun hat, die man im Alltag nutzt. Es ging um ein Tool aus dem Musikbereich, mit dem man Stimmen für Songs klonen oder die eigene Stimme mithilfe von KI anpassen kann, um sie besser in Songs zu integrieren. Das klang wirklich spannend, und die Ergebnisse sind oft beeindruckend.

Aber ich musste feststellen, dass ich das Tool selbst kaum bedienen konnte. Zwar konnte ich mich einloggen und mich ein wenig durch die Plattform bewegen, aber es gab weder benannte Schalter noch einen klaren Überblick über die Benutzeroberfläche. Ohne sehende Unterstützung kommt man da nicht weiter. Das zeigt, dass die Bedienbarkeit solcher Tools eine echte Herausforderung ist, selbst wenn die Ergebnisse vielversprechend sind.

wir hatten gerade das Thema Automation. Ich erkläre das mal kurz an einem kleinen Beispiel. Wenn man beispielsweise einen KI-Agenten, also einen Voice-Agent, programmieren möchte, ist das grundsätzlich machbar. Dafür könnte man zum Beispiel eine Plattform wie Vapi verwenden, auf der man den Agenten erstellen und trainieren kann. Ich habe das ausprobiert – auf mehreren Betriebssystemen – und festgestellt, dass es so lala funktioniert. Es ist machbar, aber die Bedienung könnte definitiv besser sein. Es macht ehrlich gesagt nicht wirklich Spaß.

Besonders kritisch wird es, wenn man nicht nur den KI-Agenten erstellen möchte, sondern zusätzlich eine Automatisierung integrieren will, wie etwa die Verknüpfung mit einem Kalender. Ein weiteres Tool, das man nennen könnte, ist Make oder Satea – das sind Automatisierungsplattformen. Mit diesen Tools lässt sich vieles schnell und einfach umsetzen. Das Problem ist jedoch, dass diese Plattformen für uns schwer bedienbar sind. Make ist eine sehr weit verbreitete Plattform, aber ich habe festgestellt, dass sie nicht richtig funktioniert. Man kann kein Szenario erstellen und die Navigation ist sehr unübersichtlich. Das sind Punkte, an denen definitiv nachgebessert werden muss. Es gibt noch viele andere Beispiele, aber das ist ein weiteres, das auffällt.

Domingos: Gehst du eigentlich auf die Plattformanbieter zu und kommunizierst es oder hast du dafür keine Zeit?

Steve: Doch, ich mache das gerne. Also, ich habe den Support von Make angeschrieben, und sie waren auch ganz nett. Sie haben geantwortet, dass sie mein Feedback toll fanden und sich darum kümmern würden. Dann habe ich nochmal nachgehakt und gesagt, dass es vielleicht sinnvoll wäre, das Ganze mal zu testen, um zu sehen, wie barrierefrei die Plattform wirklich ist – und das aus der Perspektive eines Nutzers, der mit einem Screenreader arbeitet. Denn theoretisches Wissen ist das eine, aber die tatsächlichen Anwendungsfälle sind etwas ganz anderes. Leider kam daraufhin nicht viel zurück, außer dass sie sich drum kümmern würden. Das kann in diesem Jahr passieren, vielleicht aber auch erst in zehn Jahren – oder es passiert gar nicht. Das war eine ziemlich vage Antwort. Normalerweise hake ich nach einer gewissen Zeit nochmal nach, um zu sehen, ob sich etwas getan hat.

Domingos: Weiß nicht, wie du das beobachtest, aber nach meiner Beobachtung iIst die Blindenszene ja generell immer ein bisschen träge, sag ich mal, wenn es um die Nutzung neuer Technologien geht. In der deutsche Szene, beobachte ich auch, dass sie das Thema KI eigentlich weitgehend ignoriert.

Steve: Also, die Leute, mit denen ich Kontakt habe, sind ehrlich gesagt eher weniger zurückhaltend – die meisten sind von KI fasziniert und versuchen, sie auch zu nutzen.

Was ich jedoch beobachte, ist, dass viele Menschen mit Einschränkungen Schwierigkeiten bei der Bedienung haben. Sie würden KI gerne verwenden und probieren es auch, tun sich aber oft schwer – sei es, weil sie älter sind oder weil ihnen bestimmte Fähigkeiten fehlen, die für die Nutzung erforderlich sind.

Manche arbeiten beispielsweise anders mit einem Screenreader oder bräuchten einfach mehr Übung in der praktischen Anwendung.

Das fällt mir besonders bei Smartphones auf: Es gibt Menschen, die sagen, sie würden KI gerne nutzen und beherrschen einige Funktionen, aber haben Probleme mit der Navigation, bestimmten Apps oder KI-Anwendungen wie ChatGPT. Einige finden es faszinierend, wissen aber nicht, wie sie loslegen sollen – wie sie einen Account einrichten, mit der KI kommunizieren, den Voicemodus aktivieren oder durch die Antworten scrollen können. Solche Hürden sehe ich immer wieder.

Domingos: Meinst du es wird sich dadurch verbessern, das Apple das jetzt in sein Ökosystem integriert?

Steve: Ja, also ich sag mal so. Apple integriert ist ja an die Neuen in die neuen Ökosysteme, zumindest laut meinem laut meinem aktuellen Stand und ich denke schon, dass es da vermehrt genutzt wird. Das könnte ich mir schon vorstellen. Das wäre halt nur wichtig. Man muss halt immer auch drauf achten. Es gibt Leute, die wollen es auch einfach nicht nutzen, ne die sagen halt auch Nö ich arbeite so weiter wie bisher, weil damit komme ich gut, also die haben halt ihre ich sag jetzt mal Komfortzone, was auch völlig in Ordnung ist, und tun sich da natürlich auch schwer mit neuen Sachen und das kann ich dann schon verstehen, denn der eine sagt ja jetzt mit KI arbeiten. Sprecher Ja. Steve: Aber ich glaube schon, dass sich das, wenn Apple das einführt, dass sich das nach und nach ändern wird. Glaube das wird nur einfach seine Zeit dauern. Weil.

Domingos: Ja, wir hatten es ja ganz kurz über KI Brillen. Ich glaube, am Anfang, da ist sicherlich auch ein größeres Potenzial, und da gibt es ja die MetaBrille und ich glaub noch einige andere weniger bekannte und die OrCam oder Envision sind ja durchaus akzeptiert worden als Hilfsmittel. Welches Potenzial siehst du da?

Steve: Das Potenzial ist enorm – nicht nur in Bezug auf das, was noch kommt, sondern auch für die technische Weiterentwicklung. Genau das finde ich besonders spannend und würde mich in Zukunft gerne selbst an solchen Entwicklungen beteiligen. Es ist allerdings ein sehr spezielles Thema, auf das wir später noch einmal eingehen können.

Ich sage mal so: Das Potenzial ist riesig, insbesondere bei den Meta Smart Glasses. Diese haben unglaublich viele Möglichkeiten, sind aktuell aber nur auf Englisch verfügbar – ein deutsches Update gibt es bisher nicht. Ich werde sie mir demnächst einmal genauer anschauen. Außerdem gibt es ein Konkurrenzprodukt von Solos, wenn ich mich nicht täusche. Das muss man allerdings online bestellen, da es nicht einfach so erhältlich ist. Bei Meta hingegen kann man zu Ray-Ban gehen und sich die Brille vorführen lassen. Insgesamt sehe ich hier ein enormes Potenzial.

Domingos: Es bleibt auf jeden Fall spannend. Tja, dann würde ich dich zum Abschluss fragen, wo kann man dir folgen?

Steve: Also wir haben erstmal ein Profil bei LinkedIn, da sind wir ganz gut vertreten. Die Webseite ist gerade noch im Umbau, die kann man in den nächsten Wochen eigentlich auch erreichen. Und Und wer aber gerne auch so Kontakt aufnehmen möchte, gerade wer Fragen hat oder wenn es um das Thema geht, Barrierefreiheit, KI Lösungen, KI Optimierung,
dann gerne Kontakt aufnehmen.

Steve Weidel auf Linkedin