Das Wasserfall-Modell und das agile Projektmanagement sind zwei unterschiedliche Ansätze, um Projekte zu planen und umzusetzen. Wenn es um die digitale Barrierefreiheit geht, gibt es einige Unterschiede zwischen diesen beiden Ansätzen.
Wasserfall-Modell:
Das Wasserfall-Modell ist ein sequenzieller Ansatz, bei dem jede Phase des Projekts nacheinander abgeschlossen wird. Es beginnt mit der Anforderungsdefinition, gefolgt von der Systementwicklung, dem Testen und schließlich der Implementierung. Dieser lineare Ansatz kann es schwierig machen, digitale Barrierefreiheit zu berücksichtigen, da sie erst in späteren Phasen des Projekts berücksichtigt wird. Die Konzentration auf Barrierefreiheit kann möglicherweise vernachlässigt werden, da Änderungen an den Anforderungen oder am Design schwer umzusetzen sind.
Probleme mit der Barrierefreiheit werden hier traditionell erst nach der Fertigstellung bzw. dem Prototypen festgestellt. Man ist hier stark darauf angewiesen, das Thema Barrierefreiheit von Anfang an korrekt umzusetzen, da es hier sehr stark am Anforderungsmanagement hängt.
Agiles Projektmanagement:
Agiles Projektmanagement basiert auf einem iterativen und inkrementellen Ansatz. Es gibt mehrere kurze Entwicklungszyklen, bekannt als Sprints, bei denen die Anforderungen priorisiert und in kleinere Aufgaben aufgeteilt werden. Bei jedem Sprint wird ein funktionsfähiges Produktinkrement erstellt und getestet. Agile Teams arbeiten eng mit den Nutzern zusammen, um deren Feedback kontinuierlich in den Entwicklungsprozess einzubeziehen. Dieser Ansatz bietet eine größere Flexibilität, um digitale Barrierefreiheit in den gesamten Entwicklungsprozess zu integrieren. Barrieren können frühzeitig identifiziert und behoben werden, da kontinuierliches Feedback und Anpassungen möglich sind.
Agil ist für digitale Barrierefreiheit besser
In Bezug auf digitale Barrierefreiheit bieten agile Methoden wie Scrum und Kanban die Möglichkeit, die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen von Anfang an zu berücksichtigen. Die enge Zusammenarbeit mit Nutzern und Experten ermöglicht es, Barrieren frühzeitig zu erkennen und Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus ermöglichen agile Ansätze eine kontinuierliche Verbesserung der Barrierefreiheit im Laufe des Projekts.
Im Gegensatz dazu kann das Wasserfall-Modell zu einer isolierten Betrachtung der Barrierefreiheit führen, da sie möglicherweise erst in späteren Phasen berücksichtigt wird. Änderungen an den Anforderungen oder am Design sind schwierig und teuer umzusetzen, wenn das Projekt bereits weit fortgeschritten ist.
Letztendlich ermöglicht das agile Projektmanagement eine größere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, um digitale Barrierefreiheit kontinuierlich zu verbessern, während das Wasserfall-Modell eher statisch ist und Änderungen erschwert. Daher ist das agile Projektmanagement in Bezug auf digitale Barrierefreiheit oft die bevorzugte Wahl, da es den Fokus auf kontinuierliche Verbesserung und Benutzerfeedback legt.
Zusätzlich kommt die Herausforderung dazu, dass das klassische Projektmanagement nur auf zeitliche abschließbare Projekte anwendbar ist. Heutzutage sind aber Programme und Web-Anwendungen in der Regel so beschaffen, dass sie stetig pepflegt werden müssen. Hier passt das agile Vorgehen deutlich besser, während das Wasserfall-Modell ungeeignet ist.
Der agile Ansatz ist generell eher in der Lage, Feedback von Beteiligten und Betroffenen dynamisch zu integrieren. Statt Verbesserungen – und oft auch Verschlechterungen – in großen Updates auszurollen, können sie stetig integriert werden bzw. behoben werden. So wird eine Anwendung, auch bei kleinen Rückschlägen, steteig besser, ohne dass die Nutzer:Innen lange auf solche Verbesserungen warten müssen.
Auch agil funktioniert nicht automatisch
Der agile Ansatz funktioniert allerdings auch nicht automatisch besser. Leider haben wir einige solcher Projekte erlebt, die am Ende doch eher Wasserfall-artig waren, wo also Barrierefreiheit nicht im Projektverlauf, sondern in einer sehr späten Phase beachtet wurde. Hier wird künstlicher und überflüssiger Druck erzeugt auf alle Beteiligten.
Warum Projekte zur digitalen Barrierefreiheit scheitern