In Deutschland gibt es nur wenige Richtlinien und Gesetze zur Barrierefreiheit, zumindest was digitale Technik angeht. Zu nennen sind Verordnungen zur Ergonomie des Arbeitsplatzes oder die Bildschirm-Technik-Verordnung, die aber nur eingeschränkt mit Barrierefreiheit zu tun haben.
Die WCAG und die BITV
Die Web Content Accessibility Guidelines des Standardisierungsgremiums W3C gelten als inoffizieller Standard für technische Systeme, sind aber vor allem auf Webseiten gemünzt. Ihre deutsche Ableitung finden sie in der BITV, der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung, die in Deutschland geltendes Recht ist.
Die BITV gilt für öffentliche Einrichtungen vor allem auf Bundesebene und für überörtliche Krankenkassen. Die Bundesländer können ihre eigenen Richtlinien erlassen, die aber auf der aktuellen BITV basieren. Man kann also sagen, dass die BITV für alle öffentlichen Einrichtungen gilt.
Die BITV gilt nicht für private Unternehmen oder Nicht-Regierungsorganisationen.
Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz
Im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz ist ein Diskriminierungsverbot verankert. Dieses Verbot kann in vielen Fällen als Hebel benutzt werden, um private Unternehmen zu mehr Barrierefreiheit zu veranlassen. So kann zum Beispiel die mangelnde Barrierefreiheit einer Website so ausgelegt werden, dass es einem Behinderten nicht möglich ist, sich dort zu bewerben.
Ob das in der Praxis so funktioniert, ist fraglich. In den meisten Fällen dürfte eine Klage notwendig sein, wobei keineswegs feststeht, ob der Kläger Recht bekommt. Das Problem besteht hier darin, dass viele Behinderte natürlich andere Kommunikationskanäle haben und nicht unbedingt über die Website gehen müssen.
Internationale Kontrakte
Häufig wird auch die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung angeführt. Sie greift hier allerdings nicht. Nur, was im deutschen Recht verankert ist, ist auch geltendes Recht.
Richtig ist, dass deutsche Gesetze nicht gegen die UN-BRK verstoßen dürfen. Allerdings müssen solche Entscheidungen von einem Gericht oder vom Gesetzgeber gefällt werden, wo kein Kläger, da keine Rechtssprechung. Die Hintergründe zu den einzelnen Bereichen habe ich in einem Blogbeitrag ausführlich behandelt.