Barrierefreie Dokumente können sowohl mit Microsoft Office als auch mit LibreOffice erstellt werden. Beide Office-Pakete können auch barrierefreie, also getaggte PDFs speichern. In diesem Beitrag möchte ich die einzelnen Funktionen vergleichen.
Hinweis: Dieser Artikel basiert auf eigenen Erfahrungen sowie auf den offiziellen Anleitungen der Anbieter. Es kann durchaus sein, dass es Funktionen gibt, die mir nicht bekannt sind. Ich gehe hier in erster Linie auf Word und Writer ein.
Bisher kann keines der Office-Pakete ohne externe Erweiterung PDF-UA-konforme Dokumente erzeugen.
Im ersten Abschnitt geht es um Funktionen, die beide Programme anbieten. Im zweiten Teil geht es um Besonderheiten der Programme.
Anleitung: Barrierefreie PDFs mit Libre Office und Open Office
formatvorlagen
Ganz grundlegend für barrierefreie Dokumente sind die Formatvorlagen. Diese finden wir sowohl in LibreOffice als auch in Microsoft Office. Mit ihnen werden Struktur-Informationen wie Überschriften, Listen oder Absätze hinterlegt.
Bildbeschreibungen
Ebenfalls in beiden Paketen finden wir die Möglichkeit, Bildbeschreibungen für Blinde zu erstellen. MS Office bietet seit 2016 automatische Bildbeschreibungen, seit Office 2019 lassen sich Bilder als dekorativ für Blinde unsichtbar machen. Das ist etwa sinnvoll bei Logos.
Sprache und Metadaten
In beiden Paketen können metadaten wie Autor und Titel hinterlegt werden. Ebenfalls kann die Sprache des Textes sowie von Textpassagen festgelegt werden, damit sie Blinden in der korrekten Sprache vorgelesen werden.
Umfliessen
Generell funktioniert der Umfliessen-Modus in exportierten PDFs bei beiden Office-Paketen. Allerdings hat MS Office spätestens seit der Version 2013 einen Bug: Auf Seiten, in die eine Grafik eingefügt wurde funktioniert der Umfliessen-Modus nicht. Allerdings ist der Umfliessen-Modus nicht Teil des offiziellen PDF-Standards, daher ist das weniger relevant.
Lesezeichen
LibreOffice und Microsoft Office seit 2019 können Lesezeichen exportieren. Das kann MS Office nach wie vor nicht. Die Lesezeichen werden etwa im Acrobat Reader auf der Linken Seite als immer sichtbares und komfortables Inhaltsverzeichnis angezeigt. Bei langen Dokumenten ist das praktisch.
Prüffunktion
Ein Vorteil von Microsoft Office ist die seit Office 2010 integrierte Prüffunktion. Sie kann Probleme mit der Barrierefreiheit in den Dokumenten aufzeigen. Das ist natürlich super für Probleme, die sich automatisiert aufspüren lassen.
Tagged PDFs
Beide Office-Pakete können die genannten Struktur-Informationen ins PDF übernehmen.
LibreOffice
In diesem Abschnitt geht es um Besonderheiten von LibreOffice.
Vor- und Nachteile von LibreOffice
Der Vorteil von LibreOffice besteht darin, dass sich die Funktionen immer am gleichen Ort finden und nicht so oft umbenannt oder verschoben werden wie in MS Office.
Der Nachteil ist die schlechte Dokumentation von Barrierefreiheits-Funktionen. Weder vom Anbieter noch von Dritten gibt es wirklich gute und aktuelle Anleitungen.
MS Office
Im Folgenden geht es um Besonderheiten von MS Office.
Tabellen
In Word kann eine nur für Blinde sichtbare Beschreibung zu Tabellen hinzugefügt werden. Außerdem kann die erste Zeile als Überschriftenzeile gekennzeichnet werden.
Vor- und Nachteile von MS Office
Microsoft hat die Funktionen seit Office 2007 stetig weiter entwickelt. Mittlerweile gibt es automatisch generierte Bildbeschreibungen oder die Möglichkeit, Bilder als dekorativ auszuzeichnen. Es gibt außerdem ausführliche Anleitungen zur Erstellung barrierefreier Dokumenten im Internet.
Der Nachteil ist aber ebenso offensichtlich: Für meinen Geschmack sind die Tools zu verstreut und sehr kompliziert zu finden. Immerhin brauchte man zum Beispiel in Office 2013 drei Klicks , um einen Alternativtext hinzuzufügen.
Hinzu kommt, dass sie oftmals von Version zu Version verschoben oder umbenannt werden. Dass die Ribbons immer weiter mit Funktionen aufgeblasen werden, die 99 Prozent der Nutzer nie brauchen werden, macht Office selbst nicht wirklich zugänglich.
Ein weiterer Nachteil des Version-Chaos ist, dass es manche Funktionen in manchen Versionen gar nicht gibt. So funktionierte bei einer Kollegin auf dem Mac der Export als Tagged PDF nicht. Er sollte über die Cloud möglich sein, obwohl es sich um ein Desktop-Office handelt. Meine Assistenz hat eine andere Version von MS Office offenbar speziell für Studierende, wo gleich alle speziellen Barrierefreiheits-Optionen fehlten. Es bleibt das Geheimnis von Microsoft, was man sich bei dieser Produktpolitik denkt.
Fazit: Es gibt keinen Sieger
Wägt man die Vor- und Nachteile der beiden Office-Pakete ab, gibt es keinen eindeutigen Sieger. Microsoft nervt mit den hohen Preisen und der eigenwilligen Produktpolitik. Es bietet aber einfach mehr Features zur Barrierefreiheit und ist zudem einfach weiter verbreitet. Es gibt außerdem immer Probleme, wenn komplexere Dokumente zwischen Office-Paketen unterschiedlicher Hersteller hin- und her-bearbeitet werden.
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