Dokumente mit Acrobat Professional oder anderen DTP-Werkzeugen barrierefrei zu machen ist kompliziert, zeitaufwendig und damit teuer. Eine gute Vorbereitung kann diesen Prozess drastisch verkürzen bzw. auch überflüssig machen. Darum soll es in dieser Anleitung gehen. Es gibt auch Checkliste für barrierefreie PDF-Dokumente.
Print ist Print – digital ist digital
Warum drucken Sie eigentlich nicht Ihre Website aus und verteilen das an Ihre Kund:Innen? Klingt bescheuert, aber umgekehrt stellen wir für den Druck optimierte Broschüren ins Internet. Als ob alle Kund:innen Lust haben, ein für DIN A5 optimiertes Dokument auf dem Smartphone zu lesen. Der größte Aufwand steckt tatsächlich darin, ein solches für den Druck optimiertes Dokument barrierefrei zu machen. BTW würden mich einmal die Dropoutraten bei solchen Dokumenten interessieren. Wie oft werden PDF-Dokumente tatsächlich gelesen? Downloads zählen nicht, denn oft weiß man erst beim Klick, dass es sich um ein PDF handelt.
Das häufigste Argument ist falsch: Ja, so gut wie alle Endgeräte können PDF darstellen. Die gleichen Endgeräte können aber auch Webseiten darstellen, die den schönen Vorteil haben, sich automatisch an die Display-Größe anzupassen.
Hier ist der entscheidende Schritt: Erstellen Sie zuerst die Inhalte und optimieren Sie sie danach für den jeweiligen Kanal.
Die Arbeit mit Source-Dokumenten
Optimal ist ein Format, bei dem man Inhalt und layout trennen kann, zum Beispiel Markdown, XML oder LaTex. Da das nicht immer möglich ist, ist eine Textverarbeitung der beste Kompromiss aus Umsetzung und Trennung der beiden Aspekte: Die Formatvorlagen sind nicht optimal, aber besser als nichts. Der Vorteil ist nebenbei, dass Sie in der Regel auch gut weitere Dokument-Typen wie ePub aus solchen Formaten erstellen können.
Bei der Arbeit mit Textverarbeitungen gibt es mehrere wichtige Aspekte:
- Improvisieren Sie nicht das Layout. Verwenden Sie immer die Möglichkeiten der Text-Verarbeitung, um Abstände, Seitenumbrüche, Einrückungen und so weiter zu erzeugen.
- Setzen Sie konsequent die Formatvorlagen vor allem für Überschriften, Aufzählunngen und so weiter ein. Das Layout der Formate können Sie später noch anpassen, wichtig ist, dass dies auf Grundlage der Formatvorlagen geschieht.
- Beschreiben Sie die verwendeten Grafiken. Es ist nicht Aufgabe der Desktop Publisher, Grafiken zu beschreiben.
- Je einfacher das Layout, desto einfacher kann es barrierefrei gemacht werden. Braucht man wirklich diese Linie, muss das Logo auf jeder Seite enthalten sein und so weiter.
- Platzieren Sie keine Textboxen. Diese können in der Lese-Reihenfolge in Word und co. nicht eingeordnet werden.
Das hier ist keine Anleitung zur Erstellung barrierefreier Dokumente, deswegen sprechen wir nur über allgemeine Prinzipien. Alles Weitere können Sie in den Anleitungen zur jeweiligen Textverarbeitung nachlesen, hier etwa für Libre Office.
A und O guter Dokumente sind optimale Dokument-Vorlagen. Dort können Sie Aspekte wie Schriftgröße, Farben und so weiter festlegen. Weiterhin wichtig ist, dass Sie Anleitungen etwa zur erstellung von Informationsgrafiken für die Ersterller:Innen mitgeben.
Wenn Sie die Schritte konsequent umsetzen, können Sie ein für blinde Menschen gut nutzbares Dokument mit Bordmitteln erzeugen. Expert:Innen bestehen immer auf Konformität mit den Standards. Meines Erachtens wird diese Konformität aber gerade bei Dokumenten überschätzt. Falls wir einmal Preise für bescheuert überflüssig komplizierte Prozesse verteilen, bekommen die Entwickler von Adobe und PDF UA den ersten Zuschlag.
Inhaltliche Aspekte
Es gibt einige Grundlagen der visuellen Gestaltung, die ich hier nur ganz kurz anreißen möchte. Im Grunde gibt es drei Gestaltungsprinzipien:
- Der Kontrast für Text kleiner als 18 pt bzw. 14 pt fett soll mindestens 4,5:1 betragen. Kontrast-Rechner finden Sie im Internet z.B. bei WebAIM.
- Der Kontrast für Text 18 pt bzw. 14 pt fett und größer sowie für Elemente in Informationsgrafiken soll mindestens 3:1 betragen.
- Es sollen keine Informationen ausschließlich über Farbe kommuniziert werden. Suchen Sie nach Elementen, die eine Funktion bzw. Information transportieren und sorgen Sie dafür, dass zumindest ein Informations-Element vorhanden ist, dass keine Farbe ist. Rot/grün und gelb/blau sind die häufigsten Farben-Blindheiten, deswegen sollten diese Farben nicht direkt nebeneinander verwendet werden.
- Es sollen keine Merkmale verwendet werden, die ausschließlich auf einer Sinneswahrnehmung beruhen. Dazu zählen Positionsangaben )auf der rechten Seite finden Sie), Farb-Informationen (achten Sie auf den roten Text) und Ähnliches.
Natürlich gehören auch Themen wie Animationen oder Multimedia zur digitalen Barrierefreiheit, spielen aber in Dokumenten bisher eine untergeordnete Rolle.
Für das Thema Schrift-Formatierung gibt es in den Richtlinien keine Vorgaben, daher kommt es hier nicht vor.
Tabellen und Diagramme
Tabellen sollten ebenfalls mit den entsprechenden Funktionen in der Textverarbeitung vorbereitet werden. Nicht erlaubt sind leere Zellen.
Wenn Sie komplexe Diagramme erstellen, sollten Sie unbedingt darauf achten, dass Sie auch die Tabelle in das Dokument integrieren, sofern ein Diagramm aus tabellarischen Daten generiert wurde. Diagramme lassen sich oft nicht adequat für Blinde in Textform beschreiben, eine Tabelle hingegen ist 100% barrierefrei auslesbar, sofern sie richtig angelegt wurde. Sie sparen hier viel Zeit, weil das Beschreiben grafischer Darstellungen sehr komplex und zeitaufwändig ist.
Optimierung des Workflows
Wenn die Dokumente dennoch mit Acrobat Pro oder einem anderen Profi-Tool barrierefrei gemacht werden sollen, haben Sie mit den oben beschriebenen Schritten bereits eine gute Basis geschaffen. Wichtig ist außerdem, dass das Dokument, welches barrierefrei gemacht werden soll FINAL vorliegt. Schon kleinere Änderungen können dazu führen, dass der Prozess der Barrierefrei-Machung wiederholt werden muss. So was wie kleine Änderungen gibt es bei barrierefreien PDFs leider nicht.
Bei Formularen ist es sinnvoll, sie nicht in Word barrierefrei zu machen. Leider sind die Steuer-Elemente von Microsoft Office mit dem PDF-Standard nicht kompatibel. Hier reicht es, wenn Sie das Formular in Word vorbereiten. Sie können zum Beispiel gepunktete Linien anstelle der Eingabefelder verwenden. Anschließend muss das Dokument mit einem Profi-Tool nachbearbeitet werden.
Die meisten Dienstleister, die ich kenne bevorzugen es, wenn sie das Source-Dokument etwa im Office-Format erhalten. Sie können dann das, was Office besser kann dort schneller reparieren und nur die Nacharbeiten in Profi-Tools erledigen.