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Die Un-Experten – Betrüger in der Barrierefreiheit


Leider treiben sich auch in der Barrierefreiheits-Szene Menschen herum, die hier nichts zu suchen haben. Immerhin ist in der Barrierefreiheit mittlerweile viel Geld zu holen. In diesem Beitrag möchten wir uns diese Spezies genauer anschauen.
Generell lassen sich drei Typen von Un-Experten unterscheiden: Die Glauber, die Ignoranten und die Betrüger.

Die Glauber

Die Glauber glauben, etwas von Barrierefreiheit zu verstehen. Dabei beschränken sich ihre Fähigkeiten darauf, PDFs mit dem PAC zu prüfen, HTML zu validieren oder wenn es hoch kommt den WAVE-Test durchzuführen.
Die Glauber integrieren fleißig Vorlesefunktionen, Magnifier und Styleswitcher auf ihren Webseiten. Wenn es vor 20 Jahren richtig war, kann es ja heute nicht schlecht sein. Und wo man schon dabei ist, wie wärs mit einer Textversion unserer Website für Blinde?
Die Glauber wissen oft über bestimmte Bereiche der Web-Entwicklung Bescheid. Sie können etwa Kontraste richtig bewerten oder sogar barrierefreie Formulare gestalten. Das wäre ausreichend, wenn sich das Thema Barrierefreiheit bei der Screenreader-Kompatibilität erschöpfen würde. Daran glauben sie fest, deshal hat sich der Blick in die WCAG für sie erledigt.

Die Ignoranten

Die Ignoranten sind häufig sogar namhafte Personen aus der Barrierefreiheits-Szene, ich nenne mal keine Namen. Die Ignoranten sind häufig hochqualifiziert in dem was sie tun, verpassen aber dabei den Blick nach links und rechts.
Zu den Ignoranten gehören etwa Blinde, die sagen, X sei nicht barrierefrei, weil sie X nicht bedienen könnten. Oder eben X sei barrierefrei, weil sie es bedienen könnten. Barrierefreiheit beschränkt sich für sie auf Kompatibilität für Screenreader und Sprachausgaben. Aber wir können problemlos eine App oder Website erstellen, die für Blinde funktioniert und für alle anderen nicht.
Sicherlich ist Funktionalität für Blinde ein wichtiges Thema. Es deckt auch die Bedienbarkeit mit Tastatur relativ gut ab. Im Endeffekt ist es aber ignorant, denn es gibt iel mehr Leute, denen die Bedienbarkeit für Blinde nicht immer weiterhilft. Dazu gehört die wesentlich größere Zahl der Sehbehinderten.
Wohlgemerkt: Ich habe nichts dagegen, wenn ein Blinder sagt, etwas funktioniert für ihn persönlich oder für die Blinden generell nicht. Aber ein Vollblinder kann selbst mit Programmier- und Test-Fähigkeiten nur eingeschränkt die Barrierefreiheit einer Anwendung beurteilen. Blindengerecht und barrierefrei sind zwei verschiedene Dinge. Und Blindengerecht ist eine Teilmenge von Barrierefreiheit, wer das nicht versteht ist meines Erachtens ignorant.

Die Betrüger

Leider muss man auch über die dunkle Seite sprechen: Personen, die mit krimineller Energie zu Gange sind. Mir lag von einem Auftraggeber ein Screenshot der Adobe Barrierefreiheitsprüfung vor, der offensichtlich gefälscht war. Diese Person wusste also, dass sie die Leistung nicht erbracht hat und statt dies einzuräumen hat sie das Spiel weitergetrieben. Man muss also von geradezu krimineller Energie ausgehen.
Wie häufig so etwas vorkommt, wissen wir leider nicht. Allerdings sind viele Faker in der Szene unterwegs:

  • Die grafikerin, die von sich fälschlicherweise behauptet, barrierefreie PDFs erstellen zu können und deswegen eingestellt wird.
  • Der Bauträger, der Barrierefreiheit nicht umsetzen kann, obwohl es in seinem Auftrag steht.
  • Der Museums-Einrichter, der wirklich gar keine Ahnung hat und die Barrierefreiheit sogar aktiv behindert.
  • Der Web- oder App-Entwickler, der genau das Gegenteil von Barrierefreiheit macht.

Das sind alles Fälle, die mir bekannt sind oder von unterschiedlichen Stellen zugetragen wurden.
Die Abgrenzung zwischen Glauber und Faker ist nicht immer eindeutig zu machen. Manche Leute glauben tatsächlich, etwas von Barrierefreiheit zu verstehen, obwohl das nicht der Fall ist. Doch muss man befürchten, dass ein großer Teil hier absichtsvoll vorgeht.