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Für die Vulnerablen gestalten heißt für alle gestalten

In der Produkt- und Softwareentwicklung gibt es eine weit verbreitete Annahme: Wenn wir eine Benutzeroberfläche für den „Durchschnittsnutzer“ gestalten, wird sie für die meisten Menschen funktionieren. Doch dieses Denken ist ein fundamentaler Fehler. Der Durchschnittsmensch existiert nicht. In diesem Beitrag möchte ich diesen Gedanken begründen und zeigen, warum wir für und mit die vulnerabelsten gestalten sollten. Ein besserer Begriff ist mir für diese Gruppen nicht eingefallen.

Ein Paradox wird selten klar ausgesprochen: In der Regel sind diejenigen, die Software enwickeln und diejenigen, die sie beauftragen und betreuen nicht diejenigen, die sie am Ende benutzen. Ich könnte zum Beispiel der Product Owner von der Banken-App X sein, bin aber privat Kunde von Bank Y. Das heißt, ich sehe die App X vielleicht täglich, muss sie aber nicht regelmäßig nutzen. Ebenso wenig, wie die Personen, die die App entwickeln. Und das trifft auf fast alle Produkte zu.

Das erklärt auch, warum Anwendungen oberflächlich oft schick aussehen, aber furchtbar schlecht in der Nutzungs-Erfahrung sind. Es gibt Fehler, die offenbar nur offensichtlich sind, wenn man die Apps tatsächlich auch nutzen muss. Der Kunde sieht vor allem die Oberfläche, daher kümmert sich der Dienstleister darum, dass die Anwendung oberflächlich gut aussieht.

Falsches Design: Unbequem und manchmal tödlich

Ein bekanntes Beispiel dafür stammt aus der Luftfahrt: In den 1940er Jahren stellte die US Air Force fest, dass viele Piloten Probleme hatten, die damals standardisierten Cockpits zu bedienen. Man hatte die Sitze, Hebel und Instrumente auf Basis der durchschnittlichen Körpermaße von Piloten entwickelt. Doch als Forscher die Körperdaten von tausenden Piloten analysierten, kam eine überraschende Erkenntnis: Kein einziger Pilot entsprach in allen Maßen dem Durchschnitt. Das Ergebnis? Die Cockpits mussten anpassbar gestaltet werden – und erst dadurch wurden sie wirklich nutzbar für alle.

In vielen Autos wurde die Anordnung der Bedienelemente (wie das Lenkrad, die Pedale, der Sitz) so gestaltet, dass sie für die „durchschnittliche“ Körpergröße und Arm-/Beinlänge eines Erwachsenen geeignet waren. Dies führte dazu, dass kleinere oder größere Menschen Schwierigkeiten hatten, die richtigen Kontrollen zu erreichen oder sich in ihrem Fahrzeug bequem zu positionieren. Ein Beispiel dafür ist, dass kleinere Fahrer Schwierigkeiten haben, die Pedale zu erreichen, während größere Fahrer den Sitz nicht weit genug zurückschieben können, um bequem zu fahren. Besonders Frauen haben damit zu kämpfen, da Autos nicht auf ihren Körperbau ausgerichtet sind. Die Folgen hat u.a. Caroline Criado-Perez in ihrem Buch Unsichtbare Frauen dargestellt.

Viele der ersten Bankautomaten und Selbstbedienungsterminals wurden für einen „durchschnittlichen“ Nutzer entworfen, der mit den Interaktionsmethoden vertraut war. Sie gingen davon aus, dass alle Nutzer eine gute Hand-Auge-Koordination haben und in der Lage sind, schnell und effizient mit den Maschinen zu interagieren. Ältere Menschen oder solche mit motorischen oder kognitiven Einschränkungen hatten jedoch Schwierigkeiten, mit diesen Maschinen zu interagieren, insbesondere wenn sie kleine Tasten oder unklare Symbole verwendeten.

Ähnlich verhält es sich mit digitalen Benutzeroberflächen. Menschen haben unterschiedliche Fähigkeiten, Erfahrungen und Bedürfnisse. Eine ältere Person mit nachlassendem Sehvermögen nutzt eine App anders als ein junger, technikaffiner Nutzer. Eine Person mit motorischen Einschränkungen hat andere Anforderungen als jemand, der eine Maus und Tastatur problemlos bedienen kann. Selbst kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle – Farben, Symbole und Layouts werden je nach Region unterschiedlich wahrgenommen.

Digitale Benutzeroberfläche: Eine für keinen

Hier sind einige konkrete Probleme, die entstehen, wenn wir digitale Benutzeroberflächen für einen „Durchschnittsmenschen“ gestalten:

1. Zugänglichkeitsprobleme

  • Schriftgrößen und Kontraste: Viele Designs verwenden kleine Schriftgrößen und niedrige Kontrastverhältnisse, die für Menschen mit Sehschwächen oder Farbenblindheit schwer zu lesen sind. Ein typisches Beispiel ist hellgrauer Text auf weißem Hintergrund, der für viele ältere Nutzer oder Menschen mit Sehbehinderungen unlesbar ist.
  • Touch-Targets: Kleine Buttons und enge Abstände sind für Menschen mit motorischen Einschränkungen oder größeren Fingern schwer zu bedienen. Eine zu kleine Touch-Fläche führt oft zu Fehlklicks und Frustration.

2. Kognitive Überlastung

  • Komplexe Navigation: Ein Durchschnittsnutzer mag eine verschachtelte Menüstruktur intuitiv finden, doch für ältere Menschen oder weniger technikaffine Nutzer führt dies oft zu Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Beispiele sind Menüs mit unklaren Begriffen oder versteckten Funktionen.
  • Informationsdichte: Zu viele Informationen auf einmal können Nutzer überfordern. Während einige Nutzer mit vielen Details umgehen können, wünschen sich andere eine minimalistische Darstellung.

3. Technologische Barrieren

  • Internetverbindung und Geräteleistung: Anwendungen, die für leistungsstarke Geräte und schnelle Internetverbindungen optimiert sind, funktionieren schlecht auf älteren Geräten oder in Regionen mit schlechter Netzabdeckung. Ein Beispiel sind datenintensive Webseiten, die langsam laden oder abstürzen.
  • Kompatibilität: Neue Features oder Animationen, die auf modernen Geräten toll aussehen, können auf älteren Geräten zu Darstellungsproblemen führen.

Emotionale Distanz

  • Fehlende Personalisierung: Wenn Nutzer sich in einer Anwendung nicht wiederfinden, fühlen sie sich weniger angesprochen. Ein Design, das nur auf Durchschnittswerte abzielt, schafft keine emotionale Bindung, weil es nicht auf individuelle Bedürfnisse eingeht.
  • Frustration und Abwanderung: Wenn Nutzer wiederholt auf Barrieren stoßen, steigen Frustration und die Wahrscheinlichkeit, dass sie zur Konkurrenz wechseln.

Kosten werden extanlisiert

Die Kosten für schlechtes Design werden vergesellschahftet oder gar auf das Individuum abgeschoben. Personen im Rollator oder Rollstuhl können nicht flexibel reisen, weil Autos, Busse und Bahnen nicht barrierefrei sind. Ältere Menschen gehen an den Schalter, weil sie das Onlinebanking nicht hinbekommen. Personen kaufen Produkte nicht, weil sie sie nicht nutzen können. Wir alle zahlen das Mehrfache von dem, was gutes Design uns gekostet hätte.

Design-Prinzipien für alle

Bei der Gestaltung von Benutzeroberflächen und Produkten für vulnerable Gruppen (z. B. ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen oder Menschen mit geringeren digitalen Kompetenzen) ist es wichtig, Designprinzipien zu berücksichtigen, die speziell auf ihre Bedürfnisse und Einschränkungen abgestimmt sind. Diese Prinzipien zielen darauf ab, die Barrierefreiheit, Benutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit zu maximieren. Ein Prinzip, das hierbei besonders wichtig ist, ist die Anpassbarkeit. Aber es gibt auch weitere relevante Prinzipien, die dir helfen können, inklusive Designs zu schaffen:

1. Anpassbarkeit (Flexibilität)

  • Was es bedeutet: Benutzeroberflächen sollten so gestaltet sein, dass sie an die unterschiedlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Nutzer angepasst werden können. Dies kann die Möglichkeit beinhalten, Textgrößen zu ändern, Kontraste anzupassen oder unterschiedliche Darstellungen von Inhalten anzubieten.
  • Warum es wichtig ist: Vulnerable Nutzer (z. B. Menschen mit Sehbehinderungen oder kognitiven Einschränkungen) können von der Flexibilität profitieren, ihre Benutzeroberfläche nach ihren individuellen Bedürfnissen zu gestalten. Anpassbare Layouts oder Schriftgrößen können helfen, die Nutzung zu erleichtern.

2. Kognitive Vereinfachung

  • Was es bedeutet: Komplexe Informationen sollten auf einfache und klare Weise präsentiert werden. Verwende einfache Sprache, klare Anweisungen und visuelle Hinweise, um die Navigation und das Verständnis zu erleichtern.
  • Warum es wichtig ist: Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder geringeren digitalen Kompetenzen könnten Schwierigkeiten haben, komplexe Informationen zu verstehen. Eine vereinfachte und intuitive Gestaltung sorgt dafür, dass die Benutzeroberfläche für alle Nutzer zugänglich bleibt.

3. Visuelle Hierarchie

  • Was es bedeutet: Inhalte sollten so angeordnet sein, dass wichtige Informationen zuerst sichtbar sind. Verwende Kontraste, Größenunterschiede und visuelle Trennung, um die Prioritäten der Informationen klar zu machen.
  • Warum es wichtig ist: Eine klare visuelle Hierarchie hilft Nutzern, sich schnell zu orientieren und die wichtigsten Elemente der Benutzeroberfläche leichter zu finden. Dies ist besonders wichtig für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen oder solchen, die Schwierigkeiten beim schnellen Erkennen von Informationen haben.

4. Fehlertoleranz (Fehlervermeidung und einfache Fehlerkorrektur)

  • Was es bedeutet: Achte darauf, dass Nutzer Fehler möglichst vermeiden können und wenn Fehler auftreten, sollte es einfach sein, sie zu korrigieren. Fehleingaben sollten klar und freundlich erklärt werden, ohne den Nutzer zu verunsichern.
  • Warum es wichtig ist: Vulnerable Gruppen könnten mehr Schwierigkeiten haben, Eingabefehler zu erkennen oder zu korrigieren, besonders wenn sie eine eingeschränkte Aufmerksamkeit oder geringe Erfahrung mit digitalen Interfaces haben. Eine Fehlertolerante Gestaltung, die klare Hinweise zur Korrektur bietet, reduziert die Frustration und den Stress.

4. Konsistenz und Vorhersehbarkeit

  • Was es bedeutet: Benutzeroberflächen sollten so gestaltet werden, dass sie in ihrer Struktur und Interaktion konsistent sind. Die gleichen Aktionen sollten die gleichen Ergebnisse liefern, und ähnliche Elemente sollten auf ähnliche Weise funktionieren.
  • Warum es wichtig ist: Konsistenz ist für alle Nutzer, insbesondere für vulnerable Gruppen, wichtig, da sie ein Gefühl von Vertrautheit und Kontrolle vermittelt. Unvorhersehbare oder inkonsistente Designs können Verwirrung stiften und die Nutzung erschweren.

5. Multisensorische Ansprache (Audio, visuell und taktil)

  • Was es bedeutet: Interfaces sollten nicht nur auf visuelle Reize setzen, sondern auch akustische Hinweise und ggf. haptisches Feedback bieten. Dies hilft insbesondere Nutzern mit Einschränkungen in einem Sinne (z. B. Sehbehinderte) oder in mehreren Sinnen.
  • Warum es wichtig ist: Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, etwa Sehbehinderungen, können von Audiohinweisen oder taktilem Feedback profitieren, um Informationen zu erhalten und Aufgaben zu erledigen. Auch Nutzer mit eingeschränkter motorischer Fähigkeit können von einfacheren Interaktionsmethoden profitieren.

6. Vermeidung von Überforderung (Kognitiver Load)

  • Was es bedeutet: Die Anzahl der Informationen, die gleichzeitig präsentiert werden, sollte begrenzt werden. Lange, komplexe Texte sollten vermieden oder in kleinere, verständliche Abschnitte unterteilt werden.
  • Warum es wichtig ist: Überforderung durch zu viele Informationen oder zu komplexe Aufgaben kann vor allem für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder älteren Nutzern eine Hürde darstellen. Eine übersichtliche und schrittweise Führung durch Inhalte erleichtert die Nutzung.

7. Eingabe- und Interaktionsalternativen

  • Was es bedeutet: Biete verschiedene Eingabe- und Interaktionsmethoden an, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Nutzer gerecht zu werden. Beispielsweise sollten Sprachsteuerung, Tastatur- oder Mausbedienung sowie Touchscreen-Interaktionen unterstützt werden.
  • Warum es wichtig ist: Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen oder anderen Einschränkungen benötigen oft alternative Eingabemethoden. Wenn eine Benutzeroberfläche nur auf eine Eingabemethode angewiesen ist, können viele Nutzer ausgeschlossen werden.

8. Visuelle Barrierefreiheit (Hoher Kontrast und Anpassung der Farben)

  • Was es bedeutet: Verwende ausreichende Kontraste zwischen Text und Hintergrund sowie klare, gut unterscheidbare Farben, die auch für Menschen mit Farbsehschwächen erkennbar sind.
  • Warum es wichtig ist: Menschen mit Sehbehinderungen (z. B. Farbenblindheit oder verminderte Sehschärfe) können Schwierigkeiten haben, Inhalte zu erkennen, wenn die visuelle Gestaltung keine ausreichende Kontraststärke bietet. Durch hohe Kontraste und die Vermeidung von Farbabhängigkeit wird die Zugänglichkeit erhöht.

9. Zugängliche Navigation

  • Was es bedeutet: Die Navigation sollte intuitiv, klar und leicht zugänglich sein. Nutze standardisierte Navigationselemente und stelle sicher, dass Nutzer alle Teile der Seite oder Anwendung einfach erreichen können.
  • Warum es wichtig ist: Für Menschen mit motorischen Einschränkungen oder kognitiven Schwierigkeiten kann die Navigation eine große Herausforderung darstellen. Durch klare, gut platzierte und einfach zu bedienende Navigationsstrukturen wird die Nutzung deutlich erleichtert.

Viele Unternehmen führen UX-Tests mit einer angenommenen „Durchschnittsperson“ durch – also jemandem mit typischen technischen Fähigkeiten, guter Sehfähigkeit und durchschnittlicher Erfahrung mit digitalen Interfaces. Das Problem: Dieser Durchschnittsmensch existiert nicht, und Tests mit ihm übersehen oft entscheidende Schwachstellen im Design.

Stattdessen ist es sinnvoller, UX-Tests mit den vulnerabelsten Nutzergruppen durchzuführen. Warum? Weil wenn ein Design für Menschen mit besonderen Herausforderungen funktioniert, es für alle funktioniert.

1. Mehr Hürden werden sichtbar

Durchschnittsnutzer kommen oft mit schlechten UX-Entscheidungen klar, weil sie sich anpassen oder alternative Wege finden. Doch vulnerablere Nutzer zeigen uns, wo echte Barrieren existieren. Beispiele:

  • Blinde oder sehbehinderte Nutzer decken Probleme mit Screenreader-Kompatibilität auf.
  • Menschen mit motorischen Einschränkungen zeigen, ob Buttons zu klein oder schwer erreichbar sind.
  • Kognitiv beeinträchtigte Nutzer helfen dabei, unnötig komplexe Prozesse zu identifizieren.

Wenn UX-Tests nur mit technikaffinen, gesunden Menschen durchgeführt werden, bleiben diese Probleme oft unentdeckt.

  • Situative Barrieren: Jemand mit einer temporären Einschränkung (z. B. gebrochener Arm, starke Ablenkung) hat ähnliche Probleme wie jemand mit einer dauerhaften Behinderung.
  • Altersbedingte Einschränkungen: Jüngere Tester können sich an schlechte UX anpassen, doch ältere Nutzer kämpfen oft mit kleinen Schriftgrößen, schlechter Navigation oder unklaren Symbolen.
  • Sprachbarrieren und Kulturunterschiede: Nutzer mit anderen Muttersprachen zeigen, ob eine Anwendung verständlich genug ist.

UX-Tests mit vulnerablen Nutzern helfen also, Hürden zu entdecken, die irgendwann fast alle Nutzer betreffen.

3. Designs für extreme Bedürfnisse verbessern das Gesamterlebnis

  • Große, klickbare Buttons helfen nicht nur motorisch eingeschränkten Personen, sondern auch Menschen, die ein Interface auf einem kleinen Touchscreen nutzen.
  • Klare, kontrastreiche Schrift hilft nicht nur Menschen mit Sehschwäche, sondern auch allen, die ihr Handy in der Sonne benutzen.
  • Einfache, intuitive Navigation hilft nicht nur älteren Menschen, sondern spart jedem Nutzer Zeit.

Statt ein Design für einen schwer definierbaren Durchschnitt anzupassen, sollten wir von Anfang an sicherstellen, dass extreme Fälle abgedeckt sind – denn sie kommen viel häufiger vor, als wir denken.

4. Vermeidung von Spätkorrekturen und hohen Kosten

Wenn erst nach dem Launch festgestellt wird, dass eine Anwendung schwer nutzbar ist, sind nachträgliche Anpassungen teuer und zeitaufwendig. UX-Tests mit vulnerablen Nutzern identifizieren Probleme frühzeitig, sodass sie im Entwicklungsprozess behoben werden können.

Ux-Tests mit vulnerablen Gruppen durchführen

Ich bin kein UX-Experte, aber ich vermute, dass an der UX-Forschung mit vulnerablen Gruppen noch mehr geforscht werden muss bzw. dass hier mehr Erfahrung gesammelt werden muss. UX-Tests werden bevorzugt mit jungen fitten Menschen durchgeführt, weil sie das bestätigen, was man angenommen hat, so mein Eindruck. Es fehlt den Forscherinnen also an Erfahrung im Umgang mit vulnerablen Personen. Daher ist das Folgende vor allem Vorschläge.

1. Verständnis der Zielgruppe

  • Warum es wichtig ist: Verschiedene Gruppen von vulnerablen Personen (z. B. ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Menschen mit geringen digitalen Kompetenzen) haben unterschiedliche Bedürfnisse und Herausforderungen.
  • Was du tun kannst: Nimm dir Zeit, um die spezifischen Bedürfnisse, Fähigkeiten und Einschränkungen der Gruppe, mit der du arbeitest, zu verstehen. Recherchiere oder arbeite eng mit Experten aus den Bereichen der Barrierefreiheit oder inklusiven Gestaltung zusammen, um besser zu verstehen, welche Faktoren für diese Gruppe besonders relevant sind.

2. Ethische Überlegungen und Einverständniserklärung

  • Warum es wichtig ist: Vulnerable Nutzer können in einer Testumgebung leichter ausgenutzt oder in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinflusst werden, insbesondere wenn sie möglicherweise Schwierigkeiten haben, ihre Zustimmung zu geben oder den Testprozess vollständig zu verstehen.
  • Was du tun kannst: Stelle sicher, dass alle Teilnehmer eine informierte Einverständniserklärung unterschreiben, die sie über den Zweck des Tests, die Art der gesammelten Daten und ihre Rechte informiert. Achte darauf, dass sie sich der Möglichkeit bewusst sind, jederzeit den Test abzubrechen, wenn sie sich unwohl fühlen.

3. Zugang und Komfort

  • Warum es wichtig ist: Vulnerable Nutzergruppen haben möglicherweise zusätzliche Anforderungen an den physischen oder emotionalen Komfort, um sich in einer Testumgebung sicher zu fühlen.
  • Was du tun kannst: Achte darauf, dass der Raum barrierefrei ist, z. B. mit bequemem Zugang für Rollstuhlfahrer, ausreichender Beleuchtung für sehbeeinträchtigte Personen oder ruhiger Umgebung für Personen, die leicht abgelenkt werden. Sorge für eine freundliche Atmosphäre, in der sich alle Teilnehmer wohl und sicher fühlen.

4. Klarheit der Aufgaben und Anweisungen

  • Warum es wichtig ist: Menschen aus vulnerablen Gruppen haben oft Schwierigkeiten, komplexe Anweisungen zu verstehen, insbesondere wenn sie kognitive oder sprachliche Herausforderungen haben.
  • Was du tun kannst: Stelle sicher, dass alle Aufgaben klar und einfach formuliert sind. Vermeide Fachbegriffe und komplizierte Sprache. Wenn nötig, stelle visuelle Hilfsmittel oder vereinfachte Anweisungen bereit, um den Test zu erleichtern.

5. Langsame Einführung und Unterstützung

  • Warum es wichtig ist: Besonders bei Teilnehmern, die nicht mit der Technologie vertraut sind, kann es hilfreich sein, eine langsame Einführung zu geben, damit sie sich mit der Benutzeroberfläche oder den Funktionen vertraut machen.
  • Was du tun kannst: Beginne mit einfachen Aufgaben und steigere den Schwierigkeitsgrad schrittweise. Gib den Teilnehmern genügend Zeit, um sich mit der Oberfläche oder dem Tool vertraut zu machen, ohne sie unter Zeitdruck zu setzen.

6. Einfühlsame Kommunikation und Geduld

  • Warum es wichtig ist: Vulnerable Teilnehmer könnten nervös oder besorgt sein, besonders wenn sie sich nicht sicher fühlen, was von ihnen erwartet wird.
  • Was du tun kannst: Sei besonders geduldig und hör aufmerksam zu. Gib den Teilnehmern Raum, ihre Gedanken zu äußern, und sei bereit, Unterstützung zu leisten, wenn sie Schwierigkeiten haben, Aufgaben zu verstehen oder auszuführen. Vermeide es, den Teilnehmer unter Druck zu setzen. Es ist wichtig, die Erfahrungen der Teilnehmer ernst zu nehmen und nicht ihre Fehler zu korrigieren oder abzuwerten.

7. Feedback in einer sicheren Umgebung einholen

  • Warum es wichtig ist: Vulnerable Nutzer könnten sich unwohl fühlen, wenn sie ihre Meinung oder Bedenken äußern sollen, besonders wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Ansichten weniger wert sind.
  • Was du tun kannst: Schaffe eine offene, vertrauensvolle Atmosphäre, in der die Teilnehmer sich sicher fühlen, ehrliches Feedback zu geben. Betone, dass ihr Feedback sehr wertvoll ist, und dass es keine „richtigen“ oder „falschen“ Antworten gibt. Nutze verschiedene Methoden, um Feedback zu sammeln – z. B. mündlich, schriftlich oder visuell (z. B. durch Skizzen oder Symbole).

8. Berücksichtigung von Datenschutz und Anonymität

  • Warum es wichtig ist: Vulnerable Teilnehmer könnten besorgt sein, ihre persönlichen Informationen preiszugeben, oder sich unwohl fühlen, wenn sie wissen, dass ihre Daten in irgendeiner Weise verwendet werden.
  • Was du tun kannst: Achte darauf, dass alle gesammelten Daten vertraulich behandelt werden und dass du klare Informationen darüber gibst, wie die Daten verwendet werden. Stelle sicher, dass ihre Anonymität gewahrt bleibt und dass alle Daten sicher gespeichert werden.

9. Vermeidung von Überforderung und Stress

  • Warum es wichtig ist: Menschen aus vulnerablen Gruppen sind möglicherweise leicht überfordert oder gestresst, insbesondere wenn sie mit komplexen Aufgaben konfrontiert werden.
  • Was du tun kannst: Vermeide es, den Test zu lange oder zu intensiv zu gestalten. Gib den Teilnehmern regelmäßige Pausen, wenn der Test länger dauert. Achte darauf, dass der Test nicht zu viele kognitive Anforderungen stellt, insbesondere wenn es sich um Nutzer mit kognitiven Beeinträchtigungen handelt.

10. Nachbereitungsbetreuung

  • Warum es wichtig ist: Einige Teilnehmer könnten nach dem Test emotional oder mental belastet sein oder Fragen zu ihrem Erlebnis haben.
  • Was du tun kannst: Biete eine Nachbesprechung an, bei der du den Teilnehmern die Möglichkeit gibst, Fragen zu stellen oder sich über ihre Erfahrungen auszutauschen. Bedanke dich für ihre Teilnahme und zeige Wertschätzung für ihre Zeit und ihr Engagement. Bei Bedarf kannst du auch zusätzliche Unterstützung anbieten, wenn sie sich während des Tests unsicher oder gestresst fühlten.
  • 11. Inklusive Gestaltung von Testszenarien

    • Warum es wichtig ist: Die Testszenarien sollten auch die Realität und die Bedürfnisse der vulnerablen Nutzer widerspiegeln, um relevante und realistische Ergebnisse zu erzielen.
    • Was du tun kannst: Nutze realistische und relevante Szenarien, die den spezifischen Herausforderungen und Bedürfnissen der Nutzer entsprechen. Bedenke, dass die tatsächlichen Nutzungskontexte (z. B. die Nutzung von Technologie in einer stressigen Umgebung) oft von denen im Testlabor abweichen können.

    Fazit

    Wenn wir mit den Vulnerabelsten gestalten, ist die Wahrscheinlichkeit am Größten, dass das Design für alle funktioniert. Wenn wir für den angenommenen Durchschnitt gestalten, wird es für viele Leute schlecht oder gar nicht funktionieren.