Normalerweise bin ich ein Freund von Zusammenschlüssen. Man kann sich fachlich austauschen, neue Kontakte bekommen und eventuell sogar Auftraggeber gewinnen. Seit die International Association of Accessibility Professionals (IAAP) ihren deutschen Ableger gegründet hat, bin ich tatsächlich auch Mitglied geworden. Ich habe mich allerdings entschlossen, meine Mitgliedschaft auslaufen zu lassen und möchte hier die Gründe darlegen.
Die IAAP ist eine Zertifizierungs-Organisation
Es war wohl ein Geburtsfehler der IAAP, dass sie von Anfang an ein Zwitter ist. Sie möchte zugleich eine Mitglieder-Organisation und eine Zertifizierungs-Organisation für Barrierefreiheits-Expertise sein.
Und wie das so ist, man kann beidem nicht gerecht werden. Der Mitglieder-Bereich ist sowohl in der Haupt-Organisation als auch in Deutschland irrelevant. Die gleichen Disskussionen findet man auf der WAI-Liste oder auf Slack-Channels. Die Webinare sind vollkommen uninteressant. Die Weiterbildungen, die man teils vergünstigt oder kostenlos bekommt, sind in Ordnung, aber dafür brauche ich die Mitgliedschaft nicht.
Interessant ist nebenbei, dass keiner der Granden der nationalen oder internationalen Barrierefreiheits-Szene sich zu einer Mitgliedschaft in der IAAP bekennt. Sie halten wohl die Organisationfür überflüssig.
IAAP DACH und BIK – Brüder im Geiste
Kommen wir zum deutschen Ableger. Man kann einen Newsletter abonnieren, kaum bespielt wurde. Auf dem Twitter-Kanal werden seltsames Zeug und Informationen von BIK-Leuten verbreitet. Ich bin weiß Gott kein PR-Mensch, aber ich könnte das mit meiner knappen Zeit besser machen.
Die Organisation wird praktisch von BIK-Leuten beherrscht, also Personen, die den BITV-Test maßgeblich entwickeln. Und genau so verhalten sie sich auch. Intransparent und nicht-kommunikativ. Außer der Anfrage, ob man sich an den Übersetzungen der Prüfungen beteiligen möchte habe ich bis heute kaum etwas gehört.
Das passt auch insgesamt gut zusammen. Sowohl die BIK als auch die IAAP haben meine Kritik an den BITV-Prüfverfahren bzw. den IAAP-Zertifikaten ignoriert. Mein Hinweis darauf, dass es bei der IAAP an behinderten Menschen in vorderster Reihe fehlt, dass die Zertifikate Informationen und nicht konzeptionelles Wissen abfragen und der Fakt, dass der ganze Spaß mit den Zertifizierungen enorm teuer ist.
Mein Schluss ist, dass sich hier zwei gefunden haben: Für Barrierefreiheit zu sein heißt eben nicht, dass man behinderte Menschen als Akteure ernst nimmt. Wie so oft sehe ich bei den IAAP-Leuten eine paternalistische Grundhaltung, ebenso wie bei den BIK-Verantwortlichen.
Gemeinsam ist der IAAP und dem BIK die große Beratungs-Resistenz. Man interessiert sich weder für die Kritik aus der Community noch nimmt man sie überhaupt wahr. Das hat nichts mit Barrierefreiheit zu tun.
Die Zertifikate halte ich, wie erwähnt, nicht für aussagekräftig. Abgesehen davon haben solche Verfahren den Trend, sich zu Selbstläufern zu entwickeln. Irgendwann geht es nur noch darum, möglichst viele Leute durch die Prüfung zu schicken – oder durchfallen zu lassen – einfach, weil man die Einnahmen braucht. Das ist eine Gelddruckmaschine und das muss man nicht unterstützen.
Man sieht es auch an anderen IAAP-DACH-Veranstaltungen: Unter den Referierenden sind behinderte Menschen praktisch nicht präsent, Ausnahmen sind staatliche Funktionäre, aber die zählen meines Erachtens nicht.
Die IAAP ist weder inklusiv noch barrierefrei
Es ist merkwürdig, dass die IAAP anderen erzählt, wie sie barrierefrei und inklusiv werden. Man hört aber nichts darüber, was die IAAP tut, um barrierefrei und inklusiv zu werden. Die IAAP hat keine öffentlich zugängliche Strategie, um die Zahl behinderter Menschen zu erhöhen, die an ihren Prozessen teilhaben. Sie selbst ist kein Beispiel für Barrierefreiheit: Die öffentlich zugänglichen PDFs sind zwar getaggt, aber es gibt zahlreiche offensichtliche Fehler, die eine blinde Mitarbeiterin oder eine QS hätten aufspüren können (Stand Februar 2024, Beispiel Syllabus zum CPACC-Eam): So sind etwa zahlreiche Aufzählungs-Texte als Überschriften ausgezeichnet, während die eigentlichen Überschriften gar nicht ausgezeichnet sind. Vielleicht sollten die IAAP-Mitarbeiter mal die von ihnen formulierten Anforderungen erfüllen und mit gutem Beispiel vorangehen. Auch von Plain Language kann bei der IAAP keine Rede sein.
Dafür werden aber destruktive Organisationen wie Overlay-Anbieter mit offenen Armen aufgenommen und dürfen sogar Panels unter der Marke IAAP ausrichten, zum Beispiel auf der Zero Con 2024.
Fazit
Ich habe daraus den Schluss gezogen, dass ich diese Organisation nicht mit meiner Mitgliedschaft adeln möchte. Ich werde die 200 Dollar Mitgliedsgebühr an NVDA spenden, sie kümmern sich wirklich um Barrierefreiheit.
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