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Blindenschrift im digitalen Zeitalter – ein Gespräch mit Aleksander Pavkovič


Das ist das Transkript des oben eingebetteten Podcasts. Ich habe den Text ein wenig geglättet, aber den verbalen Charakter beibehalten. Die eigenwillige Interpunktion geht auf das Konto der automatischen Transkription und meiner Angewohnheit, Interpunktions-Zeichen dort zu setzen, wo ich sie toll finde. Ich habe das Ganze sprachlich ein wenig geglättet, aber den mündlichen Charakter beibehalten. Alle orthografischen Fehler und inhaltlichen Ungenauigkeiten gehen auf mein Konto.
Mit Aleksander Pavkovič spreche ich über die Rolle, welche Braille heutzutage spielt. Eine Information habe ich in dem Gespräch vergessen zu erwähnen, Aleksander wirkt auch zumindest in Deutschland an der stetigen Weiter-Entwicklung der Brailleschrift mit. Dafür gibt es ein eigenes Gremium, in welchem er sich beteiligt.

Einleitung

Domingos
Herzlich Willkommen zu einem neuen Podcast zur digitalen Barrierefreiheit. Heute habe ich wieder einen spannenden Gast dabei, nämlich den Aleksander Pavkovic. Aleksander erstmal vielen Dank, dass du dir die Zeit für diesen Podcast nimmst.

Aleksander
ja herzlichen Dank für die Einladung.

Aleksanders Werdegang

Domingos
Mit Alexander möchte ich über das Thema Braille in der digitalen Barrierefreiheit sprechen. Wir reden ja in der Regel sehr viel über Sprachausgaben, aber es gibt ja auch einen erheblichen Anteil von Blinden, die Parallel Braille nutzen oder ausschließlich nutzen wenn sie zum Beispiel Taubblind sind Oder spezielle Aufgaben haben. Und leider gibt es ein paar Unterschiede zwischen Braille und Sprachausgabe, die wir uns einmal erklären lassen müssen. Aber bevor wir das machen, würde ich dich bitten, Alexander, stell dich doch mal den Zuhörenden vor.

Aleksander:
Ja, sehr gern. Ich bin 46 Jahre alt, gehöre zu der ganz kleinen Gruppe der geburtsblinden Menschen innerhalb der blinden Community, also da sind wir auch eine Minderheit, denn wie bei den meisten Behinderungen oder eigentlich allen. Ist der Anteil derer, die das irgendwie später mal erworben haben im Leben durch eine Erkrankung, durch Unfall oder so wesentlich höher als von Geburt, so ist es auch bei der Blindheit. Ich gehöre also zu den Menschen, die von Geburt an gar nichts sehen. Und ja, ich bin von meiner Ausbildung, meinem Studium her eigentlich Sprachwissenschaftler, Slawist, habe mich mit slawischen Sprachen beschäftigt, hab sozusagen meine slawische, nämlich slowenische Herkunft. Ja, genutzt gleich mal, um mich da wissenschaftlich damit zu befassen und jetzt momentan auch ziemlich gefragt auch wieder als Slawist, was mich einerseits freut, was andererseits einen sehr tragischen Grund hat. Das ist ganz einfach der Ukraine Kontext. Da komme ich jetzt wirklich wieder in die Situation, dass ich die Sprachkenntnisse nutzen kann. Blinde und sehbehinderte Geflüchtete aus der Ukraine zum Beispiel, hier in Bayern. Da hat sich rumgesprochen, ziemlich schnell nach Kriegsbeginn, also, mit dem kannst du entspannt ukrainisch reden, dann sind sie natürlich zu mir gekommen. Die Beratung da Bin ich dann oft auch mit Dolmetschen, mit übersetzen und so zugange.
Ich bin, wie das ja für behinderte Menschen mit einem akademischen Abschluss ganz oft ist,, irgendwie in der Selbsthilfe gelandet. Ich arbeite In dem ganzen Bereich, so digitale Barrierefreiheit seit Juli 2013 beim bayerischen Blinden und Sehbehindertenbund in München. In der Landesgeschäftsstelle, da gibt es so eine Art. Ja, vereinsinternes Unternehmen, Abteilung für barrierefreie Medien, nennt sich BIT-Zentrum. Da arbeite ich, davor habe ich 3 Jahre als IT Trainer gearbeitet, in einem beruflichen Schulzentrum für Blinde junge Erwachsene in Nürnberg. Das war so mein Berufseinstieg. Also eigentlich hatte ich ganz andere Dinge vor. An der Uni bleiben Journalismus, irgend so etwas Nettes, aber so kam es also in Richtung. Ja quasi aus der anwenderperspektive und aus meiner Vertiefung in die Materie so was also auch Stichwort SelfHTML und so was ich da so alles gemacht hab, kam ich also in diesem Bereich der digitalen Barrierefreiheit hinein, bin aber nicht nur geburtsblind und berufsblind, sondern ich mache auch noch andere Sachen. Zum Beispiel bin ich seit September 2020 ,nebenberuflich wie das viele machen, Diakon in der katholischen Kirche.

Domingos
Ja, ganz spannend. Wir sind fast das gleiche Alter und haben wahrscheinlich auch fast zur gleichen Zeit studiert, aber du gehörst ja zu den wenigen blinden Menschen, die promoviert haben,. Vielleicht kannst du dazu etwas sagen zu der Herausforderung, als blinde Person zu promovieren.

Aleksander
Die Herausforderung, als blinde Person zu promovieren, ist natürlich ganz stark abhängig vom Fach. Bei mir war es eine sprachwissenschaftliche, und zwar nicht nur sprachwissenschaftliche, sondern sogar eine Sprachhistorische, eine sprachgeschichtliche Doktorarbeit.
Das ging von der Magisterarbeit aus. Mein Magisterarbeitsbetreuer hat gesagt, Wow, dieses Thema ist spannend, was sie da bearbeitet haben, Tschechisch und slowenisch im Vergleich, also Slowenisch meine Muttersprache. Und tschechisch, ja ich habe ein halbes Jahr in Prag studiert, da auch ganz viel Material gesammelt und so und einiges da festgestellt an Gemeinsamkeiten, an auch geplanten Gemeinsamkeiten. Die Linguisten im 19. Jahrhundert in Slowenien haben sich so am tschechischen orientiert, so als Vorbild Sprache, weil die schon besser ausgebaut war und solche Sachen. Es war aber auch kaum erforscht und
dann Hat der Betreuer gesagt, wäre das nicht Ein Promotionsthema. Und das hat natürlich dann bedeutet,, in die Archive hinabsteigen, also Sachen lesen aus dem 18 Jahrhundert, aus dem 19. Jahrhundert. Gedrucktes, aber halt auch vieles, was da handschriftlich vorliegt. Und das hat für mich bedeutet, sobald ich in die Archive gegangen bin. Mit Assistenz arbeiten zu müssen, weil da die elektronische Texterfassung versagt, die OCR, die optische Zeichenerkennung, funktioniert heutzutage bedingt bei einer halbwegs leserlichen Handschrift.
Aber es war damals vor 20 Jahren, 15 bis 20 Jahren, da hatte ich keine Chance mit sowas zu arbeiten. Und erst recht nicht bei solchen alten Materialien, DH. Bei Handschriften war ich auf Assistenz angewiesen. Alles, was gedruckt war, auch in den Frakturschriften, im 19. Jahrhundert und so. Das ließ sich dann auch mit speziellen OCR Versionen machen.
Aber in Archive gehen, in Bibliotheken gehen und so weiter, da habe ich dann meistens nach dem Prinzip Geben und Nehmen gearbeitet also zum Beispiel mit jungen Studierenden, die mir dann Sachen vorgelesen haben, also solche, die sich gut auskennen auch mit älteren Schriften und so, die das Lesen können. Und ich war dann denen ebenfalls behilflich, zum Beispiel beim Hausarbeiten abtippen. Ich war ziemlich schnell bekannt als ein ziemlich schneller Tipper und so Sachen. Oder auch Typografie, Layout, das war dann recht interessant, dass ein Blinder da auch denen Tipps gibt. Eine Anekdote war zum Beispiel
eine Bekannte von mir, hat sich ihre Doktorarbeit so ne literaturwissenschaftliche, Korrektur lesen lassen von mir. Und dann habe ich meinen Abschlussbericht so eingeleitet sinngemäß mit: Liebe Andrea, herzlichen Dank. Bevor ich zu den inhaltlichen Aspekten deiner Arbeit komme erlaube mir ein paar Anmerkungen zu Typographie und Layout. Und dann kamen so 2 Seiten, so eine Liste mit ganz vielen Einträgen, was ich anders machen würde etwa nicht zu viel auftragen mit Fett und kursiv. Oh, da hat sie sich dann schon gewundert, die Andrea. Ja, also das ist möglich, wenn man seinen Screenreader im Griff hat.
Herausforderung bei der Promotion war eben vor allem dieses herankommen an Materialien, die jetzt nicht elektronisch vorliegen, wenn dann was elektronisch vorliegt oder ich es mir dann irgendwie zugänglich gemacht habe. abtippen, mitschreiben, abgetippt bekommen oder so, alles andere hat sich ja dann auch gut machen lassen. Ich habe meinem Doktorvater strengstens untersagt, also den Betreuer der Arbeit, irgendwo im Gutachten oder sonst irgendwo hinzuweisen auf meine Blindheit. Ich habe in dem Vorwort irgendwo eine kleine neben Bemerkung fallen lassen,, dass ich diesen und jenen Personen danke. Also für die Unterstützung beim Übertragen in elektronische Fassungen, weil ich da mit meinem Braille-Display und Screenreader damit dann besser klar komme. Also Wer aufmerksam liest, findet die Information. Ich wollte sie aber bewusst nicht irgendwie breit streuen. Die wissenschaftliche Community, die ja zu Recht sehr kritisch mit solchen Materialien umgeht und eine neue Doktorarbeit erstmal sehr kritisch liest, Na was macht denn der junge Wissenschaftler da, die sollte das nicht lesen durch die Mitleids Brille, Ach ja der blinde hat es ja auch geschafft wow Respekt und so. Das alles wollte Ich vermeiden.

Domingos
das mit der Digitalisierung war ja damals so in den Zweitausendern noch nicht so richtig weit, Wir sind ja heute noch nicht so richtig weit in Deutschland, aber Damals war es tatsächlich fast alles analog, also auch die Standard Lehrwerke oder Zeitschriften waren im Prinzip noch alles auf Papier.

Aleksander
Ja das war damals so und es ist zum Teil heute noch so, dass blinde Studierende sich an mich wenden mit der Frage: Wie mache ich dieses und jenes und wenn es dann schon etwas digital gibt, dann in irgendwelchen unsäglich Unzugänglichen PDFs oder ähnlichen Formaten.

Technik-Probleme vieler Blinder

Domingos
Ja, vielen Dank für diesen Einblick. Generell noch eine andere Frage. Du hast ja schon erwähnt, dass du über den Blindenverein in Bayern sehr viel Kontakt mit Menschen Hast die wahrscheinlich teilweise spät erblindet und teilweise auch wenig Kontakt mit Technologie hatten. Und mich würde interessieren, über welche Probleme berichten sie hauptsächlich oder welche Probleme bekommst du hauptsächlich mit.

Aleksander
Die hauptsächlichen Probleme eben gerade älterer spät behinderter Menschen aber nicht nur sind wirklich also, wenn es dann schon zur Digitalisierung heutzutage kommt, wenn schon die Technik prinzipiell auch mittlerweile zugänglich ist und barrierefrei ist oder jedenfalls recht gut zu nutzen ist, also Stichwort Smartphones, da kann man ja Das iPhone sowieso und sehr viele x beliebige Android Smartphones auch einfach in die Hand nehmen, in Betrieb nehmen, auch selbstständig blind und nutzen.
Das ist aber doch für viele nicht so niederschwellig, wie man sich das vielleicht als jüngerer, technikaffiner, blinder Mensch vorstellt, weil. Diese Nutzung des Touchscreens die erfordert erstens motorisch doch so einiges und zweitens auch ja kognitiv auch was von so einer Denk Leistung oder so ja wie wo wie finde ich da die Objekte klar von links nach rechts wischen und zurück komme ich irgendwie auch immer vorwärts und rückwärts aber das wird dann schnell ineffizient und so, also das überfordert viele und sie tendieren dann doch dazu, sich irgendwie lieber so ein Spezial Handy zu besorgen wie es sie auch noch gibt, entweder mit Tasten oder ohne, mit einer Reduzierteren Benutzeroberfläche, die dann nicht so einen vielleicht über überlädt und erschlägt. Da ist man dann wieder eingeschränkt in der Wahl der Apps, deswegen bin ich ganz froh, dass ich einfach ein ganz normales mainstreamige Smartphone nutze und das schon seit 12 Jahren, jeweils in einer einigermaßen aktuellen Form und Fassung. Aber für viele führt nur ein sehr mühsamer Weg dorthin. Nicht nur bei älteren Spät-Erblindeten, sondern das haben zum Beispiel auch Menschen mit Lernschwierigkeiten. Ich bin jetzt regelmäßig In einer Werkstatt wohn- und förderstätte aktiv und Schule da junge Leute, die gern mehr aus ihrem Smartphone machen würden als Hey Siri Spiele folgenden Song. Die wollen einfach ein bisschen mehr machen. Aber da merkt man schnell, dass man an die Grenzen stößt, weil es einfach doch nicht so trivial ist so ein Ding zu nutzen. Und die Sprachassistenten, Die können halt leider noch nicht so viel, wie es schön wäre.
Das ist wirklich so ein Hauptpunkt. Dass die digitale Technik immer noch nicht Barrierefrei genug ist, wenn sie dann schon barrierefrei ist, im Sinne von Screenreader, die Möglichkeit, dass man mit Screenreader eigentlich an alles ran kommt. Und dann gibt es doch noch Barrieren, die motorisch physisch oder vielleicht auch kognitiv sind. Und im Fall von spät Erblindung, Klar Da wird dann auch gern die Lösung gesucht,, die manchmal oder auch vermeintlich die Einfachere ist mit Spezialgeräten zur Fußgänger Navigation, zum abspielen von Inhalten, also Stichwort Daisy Spieler oder so etwas, was ja auch alles mit Smartphones und Tablets möglich wäre. Da wird dann doch gerne noch auf das klassische Hilfsmittel zurückgegriffen, das hat ja auch manchmal den Vorteil, dass man da sich nicht so leicht ablenken lassen kann, weil sich nicht wieder irgendeine kurz Mitteilung von irgendeiner App da in den Vordergrund drängt. Von daher haben diese Hilfsmittel, die dann auch noch eine schöne Tastatur haben und so durchaus noch ihre Berechtigung.
Und Digitalisierung wo sie eben noch nicht vorhanden ist ist ein großes Problem. Es wenden sich sehr viele Menschen an uns, Wie man umgeht, für die Kommunikation zum Beispiel mit Ämtern, mit Behörden und so. Vieles muss handschriftlich immer noch gemacht werden, da ist man auf Assistenz angewiesen.
Und wenn es dann schon digital ist, Dann fehlt es halt leider oft auch immer noch an der Zugänglichkeit. Dann hat man irgendein Formular, das kann man dann sogar schon am PC ausfüllen, weil es ein ausfüllbares PDF ist, leider überhaupt nicht die Regel. Viele muss man immer noch ausdrucken und dann von Hand ausfüllen. Und dann vielleicht eingescannt zurückschicken. Das nennt man dann semi-Digitalisierung oder so ähnlich. Aber wenn es dann schon mal ausfüllbar ist am Computer oder Smartphone, dann fehlen oft die korrekten Beschriftungen und so. Also Digitalisierung allein, Wenn sie nur irgendwie gemacht ist, dann hilft dir uns ja auch nicht immer.

Domingos
Also mein Lieblings Beispiel ist ja immer das Thema Onlinebanking. Mittlerweile gibt es ja kaum noch eine online Bank oder Es gibt wahrscheinlich gar keine mehr, wo du ohne eine extra App für die Verifikation der Transaktionen durchkommst. Und da hab ich schon Schwierigkeiten als jemand der das schon ewig macht. Ich frage mich immer, wie das ältere Menschen machen, die damit gar keine Erfahrung haben und auch nicht so schnell sind, weil du hast ja auch immer eine zeitbegrenzung dabei.

Aleksander
Also Online-Banking ist wirklich zeitkritisch, weil diese 2 Faktor Authentifizierung die da läuft,, da musst du schnell sein und Es gibt viele gerade ältere Menschen, aber nicht nur die, die lagern das komplett aus. Die Vertrauen diese wertvollen Dienstleistungen dann tatsächlich Menschen an, Denen sie dann hoffentlich Vertrauen können, wo dann nichts schief gehen darf und wo man das gut mit seiner Bank auch absprechen muss, weil das ja normalerweise allgemein gesagt ja jetzt gar nicht erlaubt ist, sondern ich muss ja meine Bankgeschäfte wirklich gerade online selber erledigen, darf keine Kennwörter aushändigen und so. Und deswegen greifen dann auch viele immer noch auf Dienste zurück, bei den Banken selbst vor Ort. Die es aber zum Teil gar nicht mehr gibt, manche haben das ja komplett eingestellt, Personaleinsparung und so und da geht es nur noch online. Und Es gibt da verschiedene Möglichkeiten: Zum einen eben mit diesen Apps, über die man sich dann zusätzlich autorisieren muss oder mit diesen tan Generatoren, da gibt es auch welche mit Sprachausgabe. Und da muss man so einen QR Code Quasi vom Bildschirm abnehmen. oder man bekommt die tan Vorgelesen von dem Gerät und muss sie dann eintippen. Also verschiedene Möglichkeiten gibt es, aber das Problem eigentlich bei allen Ein bisschen verwandt mit dem Problem der Einwahl in ein video-Meeting, Zoom Meeting zum Beispiel, man muss schnell sein, man muss diese Dinge relativ flott eintippen.

Braille im digitalen Zeitalter

Domingos
Genau. Dann lass uns mal zu unserem eigentlichen Thema kommen, das Thema Blindenschrift. Die erste provokative Frage warum brauchen wir heutzutage überhaupt noch. Elektronische Blindenschrift, fast jedes Gerät über das wir jetzt ja gerade gesprochen haben bringt ja eine Sprachausgabe mit das ist ja super praktisch, da braucht man kein extra Gerät man muss keine extra Schrift sozusagen lernen, warum brauchen wir heutzutage überhaupt noch Blindenschrift?

Aleksander
Eigentlich lässt sich die Frage warum wir Blindenschrift brauchen in einem einzigen Satz beantworten, aber der ist natürlich dann auch schon wieder so kurz dass er auch wieder erklärungsbedürftig ist. Also dieser eine ganz kurze Satz lautet: Vorgelesen kriegen ist halt nicht selber lesen. Aber das muss man natürlich noch bisschen differenziert ausführen, weil Es gibt Situationen, da reicht vorgelesen kriegen vollkommen aus.
Also wenn ich jetzt gerade an die Nutzung des Smartphones denke, wo ich mir vielleicht ab und zu von einer App auch vorlesen lasse,, wie das Wetter wird oder mal in den Nachrichten App schaue, was tut sich momentan im Land und in der Welt und Vielleicht auch die Tageszeitung App nutze. Da sehe ich jetzt auch nicht die Gefahr, dass man dann, wenn man es sich vorlesen lässt, da jetzt einem da was entgeht.
die sprachausgaben sind gut. Und zugleich ist es doch so, wenn man ausschließlich auf dem Weg seine Informationen konsumiert. Und man muss aber gleichzeitig doch immer wieder mal auch sich schriftlich verständlich machen und ausdrücken. Dann besteht die Gefahr, dass man halt Dinge, die man immer bloß gehört hat dann auch selber so schreibt wie man glaubt, dass man sie schreibt, weil die Sprachausgabe sie auf eine gewisse Weise Vorliest. Sprachausgaben geben sich redlich Mühe, die Texte richtig auszusprechen. Aber
Gerade bei mobilen Betriebssystemen erleben wir zum Beispiel in den letzten paar Monaten ganz aktuell Na ja sagen wir mal einen Wandel, vielleicht auch eine Verschlechterung. Ein bestimmter Hersteller scheint zurzeit dauernd an diesen sprachausgaben herumzuschrauben sie, zu updaten und dann kommt es so zu ganz seltsamen aussprachen. Manchmal ist es lustig, manchmal ist es ein bisschen unverständlich, manchmal ist es eine voll Katastrophe, weil zum Beispiel die Sprachausgabe versucht, Etwas so auszusprechen, wie es wohl wenn es ein Fremdwort ist dann eigentlich ausgesprochen gehört. Und dann kommt es halt zu solchen Patzern, dass die Sprachausgabe zum Beispiel eigentlich sagen will: Zwischen Tür und Angel sie sagt aber zwischen Tür und Engel, weil halt Angel nun mal auch ein englisches Wort ist, also gleichgeschrieben und wo die Erkennung einfach immer wieder versagt, kläglich scheitert. Also es ist manchmal gar nicht so leicht, sich einfach Dinge vorlesen zu lassen, wo doch die sprachausgaben so schön überall vorhanden sind und da hilft es jedem, wenn er die Schrift auch noch dabei hat, wirklich Braille Schrift hat. Es gibt einfach Bereiche, in Ausbildung, Studium, Beruf, aber vielleicht auch Freizeit, wo ich nur mit Mühe, wenn ich nur mit Sprachausgabe arbeite Selber einen Text vielleicht präsentieren kann. Es gibt Menschen, die sind da richtig fit und geübt das weltweit wahrscheinlich aufsehenerregendste Beispiel ist eine australische Rundfunksprecherin nachrichtensprecherin im Radio. Sie arbeitet an der Stelle ausschließlich mit Sprachausgabe. Sie hat sozusagen Einen Knopf im Ohr, da wird ihr von der in der blinden Community sehr bekannten Stimme von der eloquence, die bei Jaws Standard ist zum Beispiel, Wird ihr der Text vorgelesen. Und was die Dame macht, sie liest eigentlich quasi wie beim Simultandolmetschen, also sie liest dann diese Nachrichten indem sie sie über die Sprachausgabe Empfängt und dann vorliest beziehungsweise spricht. Gerade in der englischen Community ist das ja geradezu eine philosophische Frage, ob man diese Art von informations-Aufnahme überhaupt als lesen bezeichnen darf. Aber klar, es ist schon irgendwie eine Form des Lesens, weil ich ja auch die Kontrolle habe. Ich kann sagen: Nächster Satz, voriger Satz, Wort nochmal buchstabieren und alles das geht ja. Das ist schon eine Art des Lesens, ein bisschen indirektere Art vielleicht als bei dem lesen mit den Augen oder Fingern, weil bei der Sprachausgabe halt nicht die einzelnen Buchstaben so an einem vorbeilaufen oder man selber an ihnen vorbeiläuft, sondern man hört irgendwie die Wörter oder Wortteile. Man hört sie anders als wenn sie ein Mensch vorliest, weniger interpretierend, wobei wie ich gerade gesagt habe manche sprachausgaben die Sachen auch kaputt interpretieren.
Da ist, Wer Braille beherrscht, das sind ja gar nicht so viele blinde Menschen, die das tun hat, doch noch mal einen direkteren einen unmittelbaren Zugang zur Schrift. Und wenn ich mir vorstelle, ich müsste wie, das auch Kollegen von mir tun, in der Kirche zum Beispiel mit einem Kopfhörer oder Ohrhörer, ich höre zum Beispiel eine Bibelstelle im Gottesdienst in meinem Ohr und spreche sie dann nach, damit ich sie auf die Weise der Gemeinde vorlese, also verkünde, ist ja einer meiner Dienste im Gottesdiensten, das Evangelium zu verlesen im Gottesdienst. Mein Ding wäre es nicht, aber man könnte sich ja einüben. Ich bin aber doch sehr froh, dass ich in der entsprechenden Geschwindigkeit auch gar nicht, ohne viel vorher üben zu müssen, sondern wenn mir jemand sagt, du ich brauch dich jetzt mal kurz, lies mal diese Stelle nachher,, dann geht es auch aus dem Stand und spontan.

Domingos
Mhm genau also das Thema Alphabetisierung beziehungsweise fit bleiben in der Rechtschreibung, in der Grammatik, Rechtschreibprüfung, Orthographie, natürlich aber auch Mathematik, programmieren – das sind ja ganz wichtige Themen, wo Braille einen entscheidenen Vorteil haben kann.

Aleksander
Es gab aus den USA eine Studie, mir ist jetzt nicht ganz bekannt, von wem, wo es dann darum ging, dass Menschen, die Brei beherrschen, viel häufiger. im Beruf Fuß fassen, dass sie viel häufiger wirklich einen Job haben und viel seltener ohne Beschäftigung sind.
Jetzt kann man natürlich das Henne Ei Problem an der Stelle aufwerfen und die Frage stellen: Finden sie schneller in den Beruf, weil sie sowieso aufgrund der Braille-beherrschung, weil das dafür spricht, dass sie auch sonst einiges können. Also die Wechselwirkung ist sicher nicht so ganz simpel. Aber wahrscheinlich hat es schon irgendetwas miteinander zu tun. Ich kann sehr vieles auch nur mit Sprachausgabe machen, aber dann muss ich schon wieder geübt sein. Es reicht nicht, die Sprachausgabe einfach zu starten und das geht dann alles irgendwie sondern dann muss ich sie gezielt einsetzen. Ich habe zum Beispiel bei meinem Screenreader in der Textbearbeitung Microsoft Word ein sogenanntes Soundschema eingestellt, also ein Set von Einstellungen, nennt sich Korrekturlesen. Und da verändert sich die Stimme so in Tonhöhe, in Klangfarbe quasi in Geschwindigkeit. Schriftart, Schriftgröße und solchen Dingen. Und auch nach Schrift Farbe, die wird mir einfach angesagt so als Wort gelb oder so Sachen, aber bei kursiv, unterstrichen, Fett und so das habe ich verschiedenen Stimmen zugeordnet, so dass nicht dauernd Dazwischen so beschreibende kommentierende Wörter gesagt werden wie Fett und unterstrichen und so, sondern das höre ich am Klang des vorgelesenen Textes, so wie ein sehender sofort merkt: Ah das ist hier irgendwie dicker oder das ist unterstrichen oder so. Da kann man mit Sprachausgabe sehr viel tun und bin dennoch froh gerade im Hinblick auf die Genauigkeit, auch wenn ich was lerne, nicht bloß mal kurz zur Kenntnis nehmen will, sondern wirklich mir das genauer einprägen will. Dann bin ich eben so eher der der Lerntyp, aber ist wahrscheinlich auch eine Gewohnheitssache, dass ich das besser aufnehme über Braille. Das setzt natürlich auch ein gewisses lese tempo voraus, so ein sinnentnehmendes schnelles lesen und dann ist es wahrscheinlich auch wieder So eine stabile flexible Wechselwirkung: Je mehr man damit macht desto schneller wird man so ein bisschen wie im Sport halt auch. Training an sich einfach dafür sorgt, dass man dann auch wieder besser wird.

Viel Information auf kleiner Fläche

Domingos
Ja, definitiv. Generell ist es ja so, dass die Sprachausgabe sehr viele, ich nenne es Meta-Informationen, ausgibt. Also es wird ja nicht nur vorgelesen, was auf dem Bildschirm drauf ist, sondern zum Beispiel Eingabefeld im besten Fall natürlich, welche Beschriftung das Eingabefeld hat, ob da vielleicht schon ein Text drinsteht und so weiter. Und das Problem dabei ist, dass die Braillezeilen relativ beschränkt sind, was die Darstellbarkeit angeht. Da sind 40 bis 80 Zeichen möglich, was gar nicht so viel ist.

Aleksander
Ja also das muss man sich wirklich vergegenwärtigen: Man Stelle sich vor, ein sehender Mensch würde so vorm Computer arbeiten, dass er so ein ganz kleines Fensterchen hätte wie so ein Ausschnitt, wie so eine kleine, Schablone wie so ein Lineal, ungefähr auch von der Länge her, länger vielleicht als ein Lineal, aber so schmal und das, was da zu lesen ist, das was da hin passt, eine Zeile ungefähr oder Weniger. Und wenn das zu Ende ist muss er irgendwas machen, das Lineal vielleicht verschieben auf dem Bildschirm, damit das Sicht Fensterchen sich also nach unten bewegt und dann liest man die nächste Zeile. Diese Art von in Anführungszeichen Überblick, da würde jetzt jeder Sehende sagen: Ja das ist ja eine Katastrophe, so kann ich ja nicht arbeiten.
Ja, so müssen wir arbeiten. Aber das ist für uns der Stand der Technik. Es gibt so Flächen-Displays auch, die mehrzeilig sind, aber das ist alles Ja also eher gedacht, um mal einfache, sehr vereinfachte Grafiken auch wahrzunehmen. Und so für Text, dass man dann auf einmal wie auf dem Blatt ganz viel darstellt, ist es auch nicht besonders praktisch, weil die lesenden Hände natürlich auch anders über den Text gehen Als das überfliegende lesen mit den Augen, ist auch nicht ganz das gleiche und nicht ganz so zu leisten.
Also insofern ist eine Zeile schon auch in Ordnung so, aber dennoch ja 40 Zeichen Ist so tendenziell wahrscheinlich der Durchschnitt, die meisten haben 40er Zeilen vor sich liegen irgendwo auf den Schreibtischen dieser Welt. Bei mir ist es auch eine 40er, ich arbeite eigentlich nie mit 80er Zeilen, weil mir das auch schon wieder zu lang ist. Da muss ich ja dann auch wieder mit den Fingern, gut wenn ich mit 2 Händen lese, dann kann ich so bei 40 bei der Hälfte ungefähr so übernehmen mit dem anderen Finger und sowas, aber an sich steigert nicht besonders den Komfort. Dafür ist sie aber viel größer, abgesehen davon, dass sie fast doppelt so teuer ist. Und von daher gerne eine 40er Zeile .
Es gibt so eine gewisse Untergrenze, wo es dann auch wieder Zu viel weiterscrollen, zu viel weiterschalten ist. Also Ich habe hier so ein mobiles Gerät, so ein quasi Braille-Notebook. Da ist die braillezeile so ins Gehäuse, man kann fast sagen eingebaut. Sie ist also hineingeklickt, rastet so ein, wenn man sie so einsetzt. Man kann sie entnehmen und die ist 14-stellig. Und das ist also wirklich eine Untergrenze, so bei 14 Zeichen, da ja eigentlich ständig weiterschalten zu müssen. Das geht mal, gerade wenn man unterwegs ist hat man es natürlich schön handlich. Aber das ist nun also wirklich kein Komfort auf Dauer. 40 ist gerade so ein schöner Mittelwert.
Und da hat man immer das Problem: Ja Formular Beschriftungen zum Beispiel, die passen da natürlich schon mal nie hin. Ich hab also auf der Braillezeile eine Abkürzung. Wenn ich zum Beispiel in so einem Formularfeld stehe, im Web oder einem PDF, also meinetwegen Name Komma Vorname. Dann steht da dahinter bzw. ist da der Cursor zu fühlen anhand einer eindeutigen Darstellung vor dem Cursor, Der da so auf und ab blinkt, also ist einne Abkürzung, meistens dann EF, da weiß ich, es ist ein Eingabefeld und davor steht Name Vorname, das passt dann noch so schön hin. Wenn es etwas längeres ist, kriege ich normalerweise den Cursor eben ins Eingabefeld platziert und die Braillezeile zeigt in mir an, damit ich weiß ich muss jetzt hier Text eingeben und davor die letzten paar Wörter oder Zeichen der Formular-Beschriftung. Wenn es da also zum Beispiel vielleicht heißt: „Haben sie in den letzten Monaten Mittel der EU beantragt“, so und dann Irgendwas „Teil der EU beantragt Fragezeichen“ Eingabefeld. OK, und dann muss ich ein bisschen zurückscrollen, meistens haben Braille-Zeilen dann so daumentasten oder irgendein Verfahren, wo man mit den lesenden Fingern meistens Zeigefinger Mittelfinger vor allem auf dem Display bleiben kann und mit dem Daumen kann man dann scrollen, kann sich rauf runter links rechts bewegen, so dass das alles sehr schön ergonomisch ist. Und wenn die Braillezeile vielleicht sogar eine Eingabe Tastatur hat, dann kann man da ohne dauernd irgendwie ständig so in Bewegung bleiben zu müssen und mit den Händen da rumfuchteln zu müssen eigentlich auch wirklich sehr schön arbeiten.
Und diese Formular Objekte und vieles andere mehr wird eben auf der Braillezeile normalerweise abgekürzt EF für Eingabefeld, dann so ein x in eckigen klammern wenn es drinsteht, dann weiß ich, ah da ist ein Häkchen gesetzt, da ist also eine Checkbox ausgefüllt mit ja oder mit zutreffenden oder so wenn da nur eckige Klammer auf leer eckige zu ist, dann weiß ich, okay das Häkchen ist nicht gesetzt, solche Dinge sind es. Und auch so Sachen wie Überschrifts-Ebene 3 wird verkürzt meistens ü 3 oder H 3, so je nach Sprache und so dargestellt. Und wie gesagt, mit Sprachausgabe mag ich das auch sehr, dass Meta-Informationen wo es geht irgendwie sich Weg konfigurieren lassen. Ich mach das sehr gern. Ich arbeite da oft bei dem Screenreader, den ich verwende so, dass Möglichst viele solcher Informationen mir nicht ausgesprochen angesagt werden, sondern durch einen Sound. Ein bestimmter klickender Sound in Word ist für mich das Zeichen: Hier endet ein Absatz, also da ist eine Absatz Markierung, da sagt der Screenreader nicht absatzmarke, das hab ich ihm abgewöhnt, sondern der macht da Klick. Es gibt eine bestimmte soundfolge, wenn da eine Überschrift ist und so weiter.

Kurzschrift am Computer nicht so praktisch

Domingos: Es gibt ja Die zusammengefasste Variante von der Blindenschrift die das ganze auch noch erleichtern kann also die sogenannte Kurzschrift im Gegensatz zur voll Schrift vielleicht kannst du dazu noch ein 2 Sätze sagen.

Aleksander
Ja die Schrift nimmt ja sehr viel Platz in Anspruch. Also besonders in der gedruckten Form hat es natürlich dann auch die Bedeutung,, dass die Braille Schrift-Veröffentlichungen, die Bücher, die Ordner die Hefte – je nachdem, wie das dann gebunden ist oder abgeheftet ist – sehr viel Platz wegnehmen. Das, was sonst vielleicht ein kompaktes Taschenbuch ist für sehende, das sind für uns dann schnell mal 3 oder 4 dicke Bände. Und um das ganze ein bisschen jedenfalls zu bändigen, hat man schon sehr früh die Kurzschrift erfunden, die Braille Schrift wird ja demnächst 200 Jahre alt, achtzehnhundertfünfundzwanzig erfunden vom genialen Louis Braille mit 16 Jahren damals selber erblindet, hat sich nicht damit zufrieden gegeben, dass man irgendwie die normalen Buchstaben tastbar macht. Damit kann man zwar mal ein Wort entziffern, aber unmöglich ganz lange Texte lesen. Und er kam einfach darauf, des Rätsels Lösung ist, wenn ein Buchstabe unter die Fingerkuppe passt, dann kann man schnell lesen, hat dann so lange rumgeforscht, bis er auf den Trick gekommen ist mit den 6 Punkten. Jetzt im computerzeitalter sind es 8 für Zusatz Infos, das ist gerade noch okay mit 8 oder 6 ist schon wirklich ideal. Aber Buchstabe für Buchstabe, das nimmt eben sehr schnell sehr viel Platz Weg. Uund dann kann man schon paar Jahrzehnte nach Louis Braille auf die Idee mit verschiedenen kürzungsvarianten die deutsche Kurzschrift so die erste die diesen Namen verdient hat. Hat die kam dann 1904 und hat sich ja durch mehrere Reformen jetzt so also in einigen Grundzügen gehalten Es gibt ein paar Zeichen, die gelten seit 1904 aber Es sind natürlich immer weniger doch immer wieder mal etwas geändert worden ist letztes Reförmchen 2018 in Kraft getreten. Und ja die Kurzschrift kürzt also ganz schön je nach Text Gattung mal mehr mal weniger weil viele dieser Kürzungen schon irgendwie auch so Wörter betreffen wie Politik und Gesellschaft und Demokrat und solche Sachen werden da ganze Wortteile ganz stark gekürzt dann gibt es. Silbenkürzungen so für ER und EM und alle diese Silben, die im deutschen oft vorkommen und diese Kombination aus Silben Kürzungen wortteil und wortkürzungen sorgt natürlich dafür wenn man die doch etwas komplizierten Regeln der Kurzschrift dann auch gelernt hat dass man schneller wird mit dem lesen unter Umständen auch und dass eben auch die. Mehr Platz hat auf so einer Braillezeile oder überhaupt in einer Zeile auf einem Blatt Papier und so also so ein Wort Demokratie zum Beispiel besteht dann wirklich in Kurzschrift aus 3 Zeichen, das ist schon. Das und am Computer kann man auch auf Kurzschrift Darstellung umschalten ich mache das nicht so oft, weil gerade dann wenn. Ich irgendwie so. Mit also im Datei Explorer mit Dateinamen und dateiendungen zu tun hab und mit Website mit URLs mit links und mit irgendwelchen Mail Adressen und so dann wird ja sowieso auch in Kurzschrift umgeschaltet auf eine computerpralldarstellung und dann ist es schöner ich lese es direkt in der vollen Form ohne diese an und abkündigungszeichen und so nur wenn ich weiß jetzt werde ich mal länger am Computer einen normalen Fließtext lesen Zeitungsartikel oder so eine halbe Stunde oder mehr. Dann schalte ich schon auch mal an der Braillezeile um auf die Kurzschrift Darstellung.

Wie viele Blinde Braille beherrschen

Domingos
Was ja vielleicht noch spannend wäre: Wir haben glaube ich keine exakten zahlen, aber weißt du ungefähr wie viele Menschen überhaupt die Blindenschrift so beherrschen, dass sinn-entnehmend lesen können, also ein bisschen mehr als Medikamenten Verpackungen sage ich mal und weißt du auch, wie viele Menschen und davon ungefähr die Kurzschrift beherrschen?

Aleksander
Es gibt ganz wenig wirklich belastbare zahlen drüber, wie viele Menschen die blind sind die Brailleschrift so beherrschen, dass sie also wirklich auch mal lesen auch mal vielleicht eine Zeitschrift in die Hand nehmen können oder so. Es gibt so zahlen die bewegen sich immer irgendwie um die 15%, das ist erschreckend gering möchte man sagen also umgekehrt: 85% blinder Menschen haben. In Anführungszeichen gar keine Schrift. Also sie können sich natürlich Sachen vorlesen lassen, wie schon gesagt problemlos und können ja vielleicht auch, soll man ja sowieso, blind auf der Tastatur schreiben. Das geht alles, aber können selber nicht wirklich Die Braille-Schrift lesen. Also 15% Brei Beherrschung, wird so ungefähr angenommen. Manche sagen 20%, manche sagen 12. Vielleicht ist es auch ein bisschen eine definitionsfrage: Was heißt lesen können. Aber wenn wir sagen, also schon so, Dass es nicht gerade so klingt wie in der ersten Klasse Grundschule, in den ersten Wochen, sondern so bisschen flotteres lesen auch vorlesen können mal ein bisschen was, dann sind wir vielleicht bei diesen 15% irgendwo. Und Von denen sind wahrscheinlich dann die meisten doch recht geübte und recht gewillte und recht Flotte lesende, die also sagen ja das interessiert mich dann auch und das Nutz ich dann auch vielleicht auch im Beruf. Da werden dann doch sehr viele auch auf die Kurzschrift setzen wobei der Trend zur Kurzschrift nicht mehr so stark ist im deutschen Sprachraum wie vor 30 – 40 Jahren noch die Braille-Schrift hat ja mächtig Konkurrenz bekommen durch alles, was man Hören kann. Und da ist vielleicht der Anreiz, dass man ja größere Mengen Literatur oder überhaupt Text zur Kenntnis nehmen kann mit kurzschrift Vielleicht auch in den Bibliotheken noch so in Form von gedruckten Ausgaben gibt es ja noch vieles in Kurzschrift da ist der Anreiz jetzt nicht mehr so groß deswegen jetzt die Kurzschrift zu lernen oder damit man ein bisschen flotter liest. Da bleibt man dann vielleicht einfach bei den vollen Schriften bei der Computer Brei Ausgabe, also einer Variante der ungekürzten Blindenschrift. Und das reicht dann schon auch für den Alltag. Das heißt Kurzschrift hat nicht mehr ganz den Stellenwert. Ich hab schon vor über 50 Jahren von einer Münchner blinden Lehrerin gehört: Ja die Kurzschrift ist schon so ein bisschen nicht jedermann Schrift, ist schon ein bisschen eine Eliten Schrift. Wobei man aber sagen muss, damals vor 50 Jahren haben auch Menschen mit Lernschwierigkeiten zum Teil ein staunenerregendes blitzsauberes Schriftbild hinbekommen in Kurzschrift, also beim Schreiben, sogar auf der Blindenschrift Schreibmaschine auf Papier. Ich kriege heute noch manchmal Briefe von Menschen, die jetzt heute vielleicht 60 – 70 Jahre alt sind, die das damals Gelernt haben, die vielleicht so gerade irgendwie einen Hauptschulabschluss hinbekommen haben, aber super schreiben, oft besser und weniger in Anführungszeichen nachlässig oder schludrig, als das heute manche Abiturienten hinkriegen. Da ist aber natürlich einfach heute ne andere Art von schnell-Schriftlichkeit. Heute kann ich halt in die Tasten hauen und nachher noch korrigieren, bin manchmal vielleicht zu faul dazu, aber kann es tun. Und da ändert sich schon etwas. Und die Kurzschrift ist in manchen Ländern inzwischen nicht mehr in Gebrauch. Ich habe viel Kontakte in die slawischen Länder. In Polen gibt es noch ein paar Leute, die kennen das noch, die haben sowas mal gelernt und nutzen das einfach, weil sie begeistert sind so als Hobby. Aber sie ist überhaupt nicht mehr im Lehrplan, sie ist nicht mehr in Gebrauch und so ist das in vielen Ländern.

Domingos
Wird die Kurzschrift in Deutschland noch gelehrt?

Aleksander
Ja in Deutschland wird Kurzschrift gelehrt, Sowohl in den Einrichtungen also die sozusagen fördernde Einrichtungen blinden und sehbehindertenschulen,, soweit es sie gibt soweit sie sage ich jetzt mal provokativ noch nicht der Inklusions-Ideologie zum Opfer gefallen sind. Dazu vielleicht auch gerne noch mehr dann.
Meistens geht das mit der Kurzschrift so im fünften Schuljahr los. Sonst so im inklusiven sonderpädagogischen Setting wenn also mobile Lehrkräfte kommen und mit den Kindern und Jugendlichen in den regulären Schulen in der allgemeinen Schule brailleschrift erarbeiten, dann fällt die kurzschrift oft runter, wird sie nicht mehr gelehrt. Nur mal so am Rande vielleicht. Je nachdem, Wer da auch kommt, dann als Lehrkraft, Wer selber sehr engagiert ist, vielleicht selber betroffen ist, die haben noch mal eine ganz andere vielleicht doch ja emotionalen Zugang. Die sagen: Mir hat die kurzschrift so wahnsinnig viel geholfen, ich zeige es dir auf jeden Fall, ob du es dann nutzt ist ja eine andere Frage, aber ich will es dir nicht vorenthalten. Insgesamt nimmt das daher natürlich jetzt schon ein bisschen ab zusätzlich zu dem dass eben Braille mittlerweile halt nicht mehr der einzige Weg ist, um an Informationen zu kommen, wenn man blind ist.

Die Verantwortung der Screenreader

Domingos
Vielen Dank für den Einblick. Abschließende Frage: Gibt es Dinge, die jemand der Webseiten oder PDFs oder was auch immer verantwortet, Tun kann, um die Darstellung in blindenschrift zu verbessern oder sollte man sich auf die Sprachausgabe konzentrieren oder gibt es überhaupt einflussmöglichkeiten oder siehst du das eher beim screenreader?

Aleksander
Die einstellungsmöglichkeiten sehe ich bei den screenreadern. Da gibt es auch viel optimierungsbedarf wirklich dringend. Das gilt jetzt insbesondere für das mobile Betriebssystem iOS. Von Android kann ich es gar nicht so im einzelnen sagen, wie gut da dieses brailback inzwischen ist, schon länger nicht mehr unter den Fingern gehabt. Bei I OS ist das Problem, dass die brailledarstellung im Wesentlichen also stärker als unter Windows einfach ein sprachausgabeverlauf ist.
Also ich kriege auf der braillezeile im Wesentlichen einfach das wortwörtlich was eigentlich über die Sprachausgabe kommt. Einmal hatte ich ein sehr kurioses Erlebnis. Da hat ein App Entwickler anscheinend dafür sorgen wollen, dass die Sprachausgabe etwas richtig ausspricht, in dem Fall war es das Wort Livestream. Er wollte dafür sorgen. Dass Voice over so heißt der screenreader unter iOS nicht etwa vielleicht Liebe Stream sagt so wie man schreibt. Hätte er wahrscheinlich gar nicht getan, aber das wollte der App Entwickler also jedenfalls verhindern und hat irgendwie dafür gesorgt, dass an der Stelle Voice Over den Text bekommt. Livestream. Das war dann irgendwie geschrieben LAIF. Scharfes STRI. M ich glaub sowas. Livestream wurde perfekt gesagt der Haken an der Sache genau so wurde das Wort dann auf der braillezeile dargestellt also das sind Kinderkrankheiten die sind wahrscheinlich in der Form jetzt überwunden aber man kriegt bei I OS zum Teil wirklich so Einfach ziemlich ausführlich alle diese Hinweise auch „zum Öffnen doppeltippen“ und so weiter diese ganzen Dinge tauchen kurz auf, je nachdem wie lange die hinweismeldung dann auf der braillezeile verbleibt, entweder bis man sie wegklickt oder eine bestimmte Anzahl Sekunden und das ist ein bisschen lästig.
An der Barrierefreiheit von Dokumenten, Apps und Webangeboten gibt es an sich keinen Unterschied zu machen, Dass man es jetzt irgendwie für breidarstellung anders machen müsste. Da gelten die Grundsätze also zum Beispiel wirklich sinnvolles arbeiten mit Überschriften oder in der Textverarbeitung mit Formatvorlagen bei aufzählungen und nummerierungen,, das korrekte auszeichnen von Tabellen, Bilder brauchen alternativtext, eben all diese Dinge, die Da notwendig sind die sorgen dafür dass das auch im Brei richtig dargestellt wird.

Domingos
Vielen Dank für deine Zeit und weiterhin viel Erfolg für deine Arbeit.

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