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Warum die „Version in einfacher Sprache“ sterben muss

Die einfache Sprache oder Plain Language ist ein Konzept, um Texte allgemein-verständlich zu machen. In den USA spielt sie bereits eine größere Rolle, in Deutschland steht sie in den Startlöchern. Die alte BITV 2.0 schrieb noch vor, dass Texte in einer möglichst verständlichen Sprache angeboten werden sollten. Das aktuelle Barrierefreiheits-Stärkungs-Gesetz spricht ebenfalls davon, dass Informationen in verständlicher Sprache bereitgestellt werden sollen. Das Problem ist derzeit, dass es kein rechtlich verbindliches Regelwerk gibt. Ähnlich wie für die Leichte Sprache gibt es nur informelle und konkurrierende Regelwerke. In absehbarer Zeit, voraussichtlich in 2023 oder 2024 wird es DIN-Normen für diese Sprach-Varianten geben.
ES gibt bei immer mehr Texten auch eine Version in einfacher Sprache. Das ist doch eigentlich gut oder?
Aus meiner Sicht ist dieser Trend nicht nur positiv. Ja, wir brauchen mehr verständliche Texte. Was wir allerdings nicht brauchen sind immer mehr Versionen des gleichen Textes. Aus meiner 12-jährigen Erfahrung als Redakteur machen Zusatz-Versionen immer mehr Arbeit und gehen im Alltag unter. Stellen Sie sich vor, Sie haben drei Versionen eines Textes: Die Alltagssprache, die einfache und die Leichte Sprache. Sobald eine Änderung eintritt, etwa bei Zahlen oder defekten Links, muss drei mal das Gleiche geändert werden. Fun Fact: Natürlich gibt es dafür automatisierte Lösungen. Es gibt Linkchecker, die einen defekten Link auf der gesamten Website korrigieren und Zahlen können einfach über Shortcodes oder ähnliche Konzepte an einer Stelle zentral gepflegt werden. Wir reden hier aber überwiegend vom öffentlichen Dienst, wo Automatisierung als Zauberei gilt oder CMS aus der Steinzeit verwendet werden. Manchmal ändern sich aber auch Tatsachen, die tatsächlich dann händisch korrigiert werden müssen.
Doch es gibt auch einen konzeptionellen Grund, der sogar wichtiger ist: Kein Schwein weiß, was einfache Sprache ist und was der Unterschied zwischen einfacher und Leichter Sprache ist, vor allem nicht diejenigen, die man mit diesem Text erreichen möchte. Wir Textende befinden uns da in einer Informations-Blase. Man landet über Google auf der Alltagssprache-Version des Textes und bleibt wahrscheinlich dort, zum Beispiel aus Klick-Faulheit oder weil man die Terminologie bzw. die Icons nicht kennt. Man kann das deutlich an den Abrufzahlen und den Klickpfaden ablesen.
Die Lösung ist, einfach den Alltagssprache-Text in einfacher Sprache anzubieten. Zumindest, wenn sich der Text an Bürger:Innen wendet, gibt es keinen Grund, den komplizierten Text anzubieten. Dieses Versions-Wirrwarr ist nicht notwendig. Vielmehr sollte einfache Sprache alltäglich werden und die komplizierten Versionen kann man sich für die Profis aufsparen. Es ist wie bei der digitalen Barrierefreiheit: Es ist komplett witzlos, es einmal falsch – also nicht-barrierefrei – zu machen, um es hinterher besser – hoffentlich barrierefrei – zu machen. Ohnehin stellt sich die Frage, warum der komplizierte Text die Default-Version ist, obwohl sich die Einfache-Sprache-Version an die breite Allgemeinheit richtet. Warum macht man nicht die Einfache-Sprache-Version zur Haupt-Version?
Sicher ist, dass wir bessere Tools als heute benötigen. Die meisten Schreibenden sind 1. keine Text-Profis und 2. keine Einfache-Sprache-Profis. Mit einer Tages-Schulung ist es nicht getan. In der Regel sind die Verantwortlichen keine hauptberuflichen Schreibenden, deshalb brauchen sie entweder Werkzeuge, die ihnen helfen oder man braucht Verständlichkeits-Profis, die sich auf ihr Handwerk konzentrieren. So oder so werden Tools der Künstlichen Intelligenz den Prozess vereinfachen, so wie es Summ ai für die Leichte Sprache es heute bereits tut.